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Einladung zur Gerichtsverhandlung

Nach 8 Jahren, 8 Monaten und dann 25 Tagen Schwarzfahren-Protest gegen das Wucher-Preis-“Sozialticket” der Stadt Mainz wird es erstmals in MAINZ einen “Strafprozess” gegen den Mainzer Schwarzfahrer für Gerechtigkeit geben!

Er findet

am 19.10.2017 um 11 Uhr

in Saal 16 des Amtsgerichts Mainz

statt.

Wir würden uns über viel, viel Publikum freuen, das die Augen des Richters sieht, wenn er das Verfahren “MVG ./. Manfred Bartl” wegen “Erschleichens von Dienstleistungen” aufruft, er aber das Verfahren “Manfred Bartl ./. Unrechtsstaat” eröffnen wird!

Das Schwarzfahren für Gerechtigkeit hat 3 Dimensionen:

1.) Manfred Bartl sichert sich sein Grundrecht auf Mobilität, das sich aus dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zur sozialen, kulturellen UND politischen Teilhabe aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 einerseits und der Existenz eines für diese Klientel (hier: Alg 2/ Hartz IV) vorgesehenen “Sozialtickets” der Stadt Mainz ergibt.

2.) Manfred Bartl protestiert und demonstriert gegen das skandalöse Wucherpreis-“Sozialticket” der Stadt Mainz, für das man bei nur 26,44 € (2017) in der Regelbedarfsstufe 1 für ÖPNV-Dienstleistungen 59,90 € (2017) bezahlen soll. In Regelbedarfsstufe 2 für paarweise zusammenlebende Erwerbsfähige sind es 10 % weniger, also 23,80 €.

Dabei reizt er durch Vorankündigung der Schwarzfahren-Aktion und das Tragen eines Schwarzfahrer-Ausweises die “Erschleichen”-Formulierung des § 265a StGB aus, da er durch Offenkundigkeit des Verzichtes auf die nach Allgemeinen und Besonderen Beförderungsbedingungen des VMW vorgesehene Fahrkarte wegen Nicht-Leistbarkeit nicht unter diesen Strafrechtsparagraphen falle.

3.) Manfred Bartl fordert für alle Menschen in Mainz, denen von der Gesellschaft die notwendigen Mittel vorenthalten werden und denen deshalb eine menschenwürdige Teilhabe verwehrt wird, eine Lösung, die dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG genügt, also etwa ein Sozialticket für 23,80 €. Natürlich verwehrt er sich allen weitergehenden, nach Möglichkeit vollständig diskriminierungsfreien Lösungsansätzen nicht im mindesten!

Nachdem er bei seiner letzten Vernehmung durch die Polizei “geleakt” hatte, dass die Kontrolleure bei der aktuell inkriminierten Fahrt dieselben gewesen seien wie beim Interview für den SWR in der Mainzelbahn, hat die Staatsanwaltschaft Mainz einen Brief geschickt, in dem die Staatsanwaltschaft Mainz das Ermittlungsverfahren gegen ihn wg. Erschleichens von Leistungen unter Rückgriff auf § 154 StPO wegen Geringfügigkeit der zu erwartenden Strafe, die im Hinblick auf eine andere zu erwartende Strafe nicht beträchtlich ins Gewicht fällt, EINSTELLT! Man kann die Staatsanwaltschaft Mainz also mittlerweile durch Preisgabe öffentlichkeitsrelevanter Details einer angezeigten “Leistungserschleichung” (in gewissen Grenzen) steuern. Damit könnte hinzukommen…

4.) Manfred Bartl kämpft gegen den heraufziehenden Unrechtsstaat, der a) Menschen trotz des unmittelbar geltenden Rechts (Art. 1 Abs 3 GG), die Würde jedes Menschen als unantastbar anzuerkennen und es als Verpflichtung aller staatlichen Gewalt durchzusetzen, sie zu achten und zu schützen (Art. 1 Abs 1 GG), vom Grundrecht auf Mobilität de facto ausschließt, und b) Recht nur noch nach einer scheinbaren Durchsetzbarkeit normativer Setzungen ohne jede Rücksicht auf die herrschende soziale Lage vor allem armer Menschen spricht.

Weitere Hintergrundinformationen hier:

Interview mit den NachDenkSeiten

19.12.2016 [=] “Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht

SPIEGEL TV-Interview

08.11.2016 [=] “Kein Ticket, na und!
Der Trend zum Schwarzfahren führt in Deutschland nicht selten in den Knast

Im November zeigt der SWR eine Folge von “Die Sofa-Richter“, in der er seine Überlistung des § 265a StGB (“Erschleichung”) durch Vorankündigung, gekennzeichnetes Schwarzfahren und die laufende Presse-Arbeit des “aus Funk und Fernsehen bekannten Schwarzfahrers für Gerechtigkeit” darstellt.

Mehrfahrtenstreifen oder Sammelkarten sind keine Alternative

Für eine soziale Mobilität wird bisweilen die Schein-Alternative Mehrfahrtenstreifen bzw. Sammelkarten (Mainz) diskutiert.

Brandneu ist etwa dieser Artikel vom 16. Oktober 2017:

In Wolfenbüttel diskutiert man das Sozialticket als Modellprojekt, bei dem zwei Varianten möglich seien: Vergünstigtes Monatsticket oder Gratis-Zehnerstreifen. Darüber soll der Kreistag in seiner Sitzung am 13. November entscheiden. In dieser Woche befassen sich bereits Finanz- und Sozialausschuss mit den Alternativen. Der Kreistag soll dann die Landrätin damit beauftragen, Verhandlungen mit dem Regionalverband Großraum Braunschweig zu führen. Eine Anfrage zur Förderung des Sozialtickets durch einen obskur, weil nicht nachhaltig klingenden “Zukunftsfonds Asse” steht im Raum.

Für das vergünstigte Monatsticket in den Preisstufen 1 bis 3 (je nach Wohnort, um die Samtgemeinden/Einheitsgemeinden beziehungsweise die Kreisstadt zu erreichen) würde eine einheitliche Eigenbeteiligung von jedem Leistungsberechtigten in Höhe von 25 Euro monatlich verlangt. Die Ausgabe soll durch die Verkehrsunternehmen gegen Vorlage eines Berechtigungsnachweises und eines Identitätsnachweises mit Lichtbild erfolgen, sofern – ACHTUNG! – “Bereitschaft bei den Verkehrsunternehmen besteht”. Alternativ würden die Monatskarten beim Landkreis und beim Jobcenter ausgegeben und notwendige Kartendrucker angeschafft und installiert. Dafür kalkuliert man nach den zugrunde gelegte Prämissen (die ungenannt bleiben) Kosten in Höhe von etwa 1,3 Millionen Euro zuzüglich Personal- und Sachkosten ein.

Als Alternative wird die Einführung von kostenlosen Zehnerstreifen genannt, was “ein Streifen monatlich pro Person” heißen soll. GRATIS! In deren Sprache: “Es würde keine Eigenbeteiligung verlangt.” Die Ausgabe erfolgte durch den Landkreis oder das Jobcenter. Mit den zugrunde gelegten Prämissen (die ungenannt bleiben) entstünden Kosten in Höhe von zirka 764.000 Euro zuzüglich Personal- und Sachkosten.

Muss noch jemand raten, welche Lösung wohl bevorzugt werden wird???

Warum aber ist der Mehrfahrtenstreifen keine Lösung?

Ich bringe gleich das Mainzer Beispiel an, um auch ein konkretes Beispiel für die Asymmetrie der Hin- und Rückfahrten zu liefern. Der Mainzer Einzelfahrschein kostet für Erwachsene 2,80 Euro, während bei der Sammelkarte im 5er-Pack für Erwachsene 11,20 Euro und damit je 2,24 Euro anfallen. Mit dem ÖPNV-Anteil am Regelbedarf der Grundsicherung in Höhe von aktuell 26,44 Euro kann man rechnerisch 11,8, wg. MODULO freilich nur 11 Fahrscheine zum günstigen Preis erwerben (*), kommt also an 6 Ziele mit öffentlichen Verkehrsmitteln heran, kann aber nur 5 mal zurückfahren, muss also einmal zurücklaufen.
(Bei teuren Einzelfahrscheinen ist die Zahl 9,4, wg. MODULO freilich nur 9, also 5 mal hin und 4 mal zurück.)

(*) Vorausgesetzt, man organisiert einen gemeinsamen Kauf der Fahrscheine, weil man allein immer nur Vielfache von 5 bis unterhalb des Limits bezahlen könnte, hier also sogar nur 10 Einzelfahrscheine zum günstigen Preis!

Die Sammelkarten bzw. Mehrfahrtenstreifen sind deswegen keine Lösung, weil Mobilitätskontingente quasi schon am Monatsanfang auf Einkaufen, Besuche, Bemühungen um Anstellung, Arztkonsultationen, Sport etc. – also auf einzelne soziale, kulturelle und politische Teilhabe-Ereignisse aufgeteilt werden müssten, und damit die Mobilität und somit die Teilhabe selbst – im Widerspruch zur gesetzgeberischen Intention! – nicht pauschalisiert, sondern kontingentiert wäre.

Darum ist nur eine pauschalisiert bezahlbare Mobilität via Sozial(monats)ticket grundrechtssicher und menschenwürdig.

Aktion zum Sozialticket-Skandal 2016

Unter dem Label

Sozial
ticket?

verteilten wir vor der RMV-Mobilitätszentrale gegenüber dem Mainzer Hauptbahnhofs eine Sammelserie von vier verschiedenen Flyern, um auf den ganz großen Skandal um das Sozialticket und auf eine Vielzahl kleinerer Skandale rund um das Sozialticket hinzuweisen.

Flyer mit der Sammelnummer 1:
Im Regelbedarf nach Hartz IV sind für Alleinstehende 20,56 Euro für Bus- & Bahn­fahrkarten im ÖPNV vorgesehen.
Der Preis des Mainzer „Sozialtickets“ beträgt 2016 mit einem bloß 25‑prozentigen Rabatt auf den Preis des Monatstickets 58,70 Euro.
Das entspricht fast dem dreifachen dessen, was nach dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zur Verfügung steht, um über Mobilität ein Mindestmaß an sozialer, kultureller & politi­scher Teilhabe zu sichern. Wir brauchen:

  • den Sozialausweis als Fahrkarte!
  • ein bezahlbares Sozialticket!
  • den fahrscheinlosen ÖPNV!

Flyer mit der Sammelnummer 2:
Der Preis des „Sozialtickets“ in Höhe von 58,70 Euro ergibt sich als 25-prozentiger Rabatt auf den Preis des regulären Monatstickets. Selbstverständlich müsste das „Sozialticket“ das billigste Ticketange­bot der Mainzer Verkehrsgesellschaft mbH (MVG) sein, weil es sich an Leistungsberechtigte nach SGB II (Hartz IV), Grundsicherung im Alter (SGB XII) und AsylbLG richtet…
… ist es aber nicht!
Das 9-Uhr-Monatsticket im Abonnement kostet 62,60 Euro. Man entrichtet den Preis nur 10mal, um es 12 Monate zu nutzen. Rechnet man auf den Monat um, kostet es bei nahezu vollständiger Ausstattung „nur“ 52,17 Euro! Reiche können bei Einmalzahlung 2 % Skonto abziehen und drücken den Preis gar auf 51,13 Euro. Skandal! S k a n d a l!

Flyer mit der Sammelnummer 3:
Mainz und Wiesbaden bieten jeweils ein eige­nes „Sozialticket“ an. Es sollte das billigste ÖPNV-Angebot des jeweiligen Anbieters MVG und ESWE Verkehr im Verkehrsverbund Mainz Wiesbaden (VMW) sein, und sie sollten auch sonst identisch sein…
… sind sie aber nicht!
Obwohl es ein Verkehrsverbund ist, ist die Be­nutzung der S-Bahnen in der Wabe MZ/WI mit dem Mainzer Sozialticket ausgeschlossen. Dafür ist das Wiesbadener „Sozialticket“ inklusive S-Bahnen mit 54,94 Euro sogar ein klein wenig günstiger als das Mainzer! Eindeutig Schikanen für die Armen!

Flyer mit der Sammelnummer 4:
Der Preis des „Sozialtickets“ ergibt sich als 25‑prozentiger Rabatt auf den Preis des regulären Monatstickets.
Das „Sozialticket“ umfasst aber bei weitem nicht das Leistungsspektrum des regulären Monatstickets:

  • Übertragbarkeit fehlt!
  • Mitnahmeregelung fehlt!
  • S-Bahn in der Wabe MZ/WI fehlt!

Wollte man ein „Sozialticket“ – bei dem Leistungen vorenthalten werden bzw. willkürlich gestrichen wur­den – auf diese Weise sozial gestalten, müsste man mindestens erst deren Wert vom Preis der Monats­karte abziehen und dann den 25-prozentigen Rabatt darauf gewähren!

Griechenland, der freche Erwerbslose unter den Nationen

Der Jeden-Monat-Infostand mit Kundgebung des Aktionsbündnisses Jeden-Monat-Demo der Mainzer Erwerbsloseninitiativen findet statt am Mittwoch, den 15. Juli 2015 von 11 bis 14 Uhr auf dem Neubrunnenplatz in der Mainzer Innenstadt.

In Solidarität mit dem griechischen Volk im Allgemeinen und den Erwerbslosen in Griechenland im Besonderen sagen wir: OXI!

Eben noch hat das griechische Volk bei einem Referendum mit 61 Prozent gegen Austeritätspolitik votiert – jetzt soll das Land seine Souveränität endgültig aufgeben und sich auf Teufel komm raus kaputtsparen! Wir Erwerbslosen kennen dieses Verhalten: “Griechenland, der freche Erwerbslose unter den Nationen”, so Peter Nowak in seinem Artikel “Hartz IV und die Politik der Angst” bei Telepolis. “Fördern und Fordern” im großen – kolonialen – Maßstab! Wir stellen uns Merkel, Schäuble und den anderen Totengräbern Europas entgegen! Schluss mit Hartz IV, dem Disziplinierungsinstrument zum Zwecke der Schaffung eines Niedriglohnsektors und der daraus resltierenden überbordenden deutschen Wettbewerbsfähigkeit auf den europäischen und auf den Weltmärkten auf Kosten der Arbeitnehmer_innen in Deutschland und auf Kosten der Außenhandelsbilanzdefizitländer! Schluss mit dem imperialistischen Wirtschafts- und Finanzkrieg Deutschlands gegen die Südländer der Eurozone, ja, gegen ganz Europa! Schluss mit dem Neoliberalismus!

Jeden-Monat-Infostand zu verfassungswidrigen Sanktionen

Am Mittwoch, den 17. Juni 2015 organisieren wir vom Aktionsbündnis Jeden-Monat-Demo die monatliche Kundgebung mit Jeden-Monat-Infostand zur vom SG Gotha festgestellten Verfassungswidrigkeit von Hartz IV-Sanktionen. Das Alg 2 ist keine Gratifikation für Wohlverhalten nach SGB II, sondern ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums,

Etwa von 11 oder 11:30 Uhr an sind wir bis 14 Uhr auf der belebten Ausgangsseite zur Neustadt hin der Römerpassage aktiv. Unsere Forderung: Hartz IV-Sanktionen zumindest aussetzen, wenn nicht gar abschaffen! Sie verletzen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Heribert Prantl in der SZ: Minimalisierung des Minimums), lassen sich menschenwürdig auch kaum alternativ organisieren, weil von Lebensmittelgutscheinen keine Freiheit besteht, das zu kaufen, was man will, sondern nur bei einem bestimmten Discounter und ganz sicher kein Alkohol und kein Tabak, zumal bei Stückelungen von bis zu 49 Euro keine Chance auf sinnvolle Einlösung der Gutscheine besteht, auf die man noch nicht einmal ein Anrecht hat.

“Am Aschermittwoch ist alles vorüber – wann hat ‘es’ eigentlich angefangen?”

Redebeitrag des Sprechers der Mainzer Initiative gegen HARTZ IV, Manfred Bartl, zum Jeden-Monat-Infostand am Aschermittwoch 2015.

Ja, am heutigen Aschermittwoch endet die Fastnachtskampagne 2015 unter dem Motto „Hier bin ich Narr, hier darf ich’s sein – an Fassenacht in Mainz am Rhein“.

Was könnte man angesichts dieses Mottos so schön philosophieren:

  • Was ist denn ein Narr?

  • Darf ein Narr Narr sein – oder kann er gar nicht anders?

  • Sind Mainzer Narren nur in Mainz Narren – und nur an Fassenacht? Oder können die überall Närrinnen und Narrhallesen sein? Das ganze Jahr lang?

Aber obwohl die ein oder andere Frage noch zu streifen sein wird, soll es darum heute nicht gehen…

Wann hat eigentlich angefangen, was am Aschermittwoch alles vorüber ist? Am 11. November, sagt Ihr? Also am 11.11.2014? Davon habe ich nichts bemerkt.

An dem Tag hielten wir ein Brainstorming ab, welche spezifischen Fragen wir bei seinem Kolloquium an der Johannes Gutenberg-Universität an Andrej Holm richten könnten, um das Mainzer Netzwerk „Recht auf Stadt“ voranzubringen…

Woran hätte man es denn feststellen könne, dass „es“ jetzt losgeht? An den Kostümen und Gardeuniformen, sagt Ihr? An den Narrenkappen und am Konfetti? Tja, seht Ihr, daran wird’s liegen. Sowas kann ich mir von meinem Hartz IV-Regelsatz doch gar nicht erlauben!

Obwohl… Konfetti gibt’s sicher beim Billigheimer und Kostüme werden dir ja sogar im Lebensmittel-Discounter für’n Appel und’n Ei nachgeworfen! Konnte man nicht im Radio Werbung für Kostümshops in Wiesbaden [ FLÜSTERTON: oops, in Wiesbaden! ] hören, wo man für’n kleinen Blauen zum Panzerknacker werden kann oder zum Zorro?!

Oder ich hätte noch ‘nen kleinen Roten draufgelegt und mir ein kuscheliges Teddybären­fell zugelegt. War ja ordentlich kalt am Rosenmontag. Da hätte sich das schon gelohnt. Mein Kumpel, der frierende Panzerknacker, und ich, der mollige Teddybär! Schöööön!

Ja schön…. Schöner Traum wohl eher!

Das Kostüm selbst ist mit Hartz IV nicht das größte Problem. Mit ein wenig Ausgaben­disziplin kann man sich so ein spottbilliges Kostüm „Made in China“ vielleicht von den Ausgaben für die Lebensmittel abzwacken. Vielleicht fängt man am Rosenmontag dafür umso eher mal ‘n Kreppl oder ‘n Fleischwurst-Ring… Dann ist es ja für einen guten Zweck! Außerdem… „We love to entertain you!“ Nachhaltigerweise kann so ein Kostüm zu mehreren Kampagnen aufgetragen werden. Toll!

Aber wie kommt man zum Kostüm-Discounter nach Wiesbaden?? Wer nimmt einen mit nach Wiesbaden? Von den 20,30 Euro Anteil am Hartz IV-Regelsatz für den Öffentlichen Nahverkehr überlegst Du Dir jede Fahrt mit dem Bus doch dreimal! Und Du willst ja auch wieder zurückkommen ins goldische Meenz! Zumal’s zuerst ja nur ums Gucken gehen soll, was die alles haben, was passen könnte, was man als gemeinsame Kostümierung angehen möchte. Man muss ja nicht gleich auf Guggesmusikzug machen, aber so ‘ne Horde Teddys zum Beispiel….

Was meinen Kumpel, den Panzerknacker, angeht, ist’s ja vielleicht nicht mehr so weit her. Mit Hartz IV verliert man als erstes die Hobbys – und dann die Freunde. Vielleicht ist der Panzerknacker gar kein Panzerknacker, sondern ein Paketbote oder ein Fahrlehrer oder der Kioskbetreiber von nebenan oder eine Kassiererin. Vielleicht haben die irgendwann keine Lust mehr nachzufragen, ob man mit in die Kneipe kommt – wenn man sich den ganzen Abend an einem Bier festhalten oder ausgehalten werden oder anschreiben lassen muss. Vielleicht gab’s dann gar keine Gelegenheit mehr, sich eine Horde Teddys vorstellen zu können oder wie man sich beim Zuch aufführen muss, wenn man den Leuten im Gedächtnis haften bleiben möchte.

Und wann ist’s losgegangen, sagtet Ihr? Am 11.11.? Da war doch noch Weihnachten dazwischen, oder? Kleine Geschenke sollen ja die Freundschaft erhalten. Was richten eigentlich keine Geschenke an??

Ich fasse mal zusammen:

  • Also haste niemanden, mit dem du eine kostümierte Gruppe planen kannst, weil du dir keinen gesellige Kneipenabend leisten kannst.

  • Du kannst dir eigentlich kein Kostüm leisten.

  • Fürs Drumherum reicht’s auch nicht.

  • Allein die vier Busfahrkärtcher zum Stöbern und zum späteren Kauf eines Kostüms würden die Hälfte deines Nahverkehrsbudgets auffressen.

  • Zwischendrin wirft Weihnachten deine Kostenkalkulation vollends übern Haufen.

  • Alkohol haben sie aus dem Hartz IV-Regelbedarf komplett rausgestrichen. Nicht nur Fastnachtsklopfer, auch Johannesfestlikörchen, Weinmarktwein, Bierbörsenbier… alles!

Wer hat eigentlich gesagt, dass das Leben für Hartz IV-Empfänger aufhören muss, sobald sie langzeiterwerbslos gemacht werden?

Wer war das denn?

Flugblatt, gestaltet vom Sprecher der Mainzer Initiative gegen HARTZ IV, Manfred Bartl, zum Jeden-Monat-Infostand am Aschermittwoch 2015.

Mainzer Initiative gegen HARTZ IV

“Am Aschermittwoch ist alles vorüber – wann hat ‘es’ eigentlich angefangen?”

Am Aschermittwoch endet die Fastnachtskampagne 2015 unter dem Motto „Hier bin ich Narr, hier darf ich’s sein – an Fassenacht in Mainz am Rhein“.

Wann hat eigentlich angefangen, was am Aschermittwoch alles vorüber ist? Am 11. November 2014.

Woran konnte man feststellen, dass „es“ losgeht? An Narrenkappen und Gardeuniformen. Im Hartz IV-Regelsatz nicht enthalten!

Kostüme beim Lebensmittel-Discounter und Konfetti vom Billigheimer? Im Hartz IV-Regelsatz nicht enthalten! Oder fällt das etwa unter die 1,33 Euro, die für „Spielwaren und Hobbys“ – pro Monat! – vorgesehen sind?

Busfahrt zum Kostüm-Discounter nach Wiesbaden? 20,30 Euro sind im Hartz IV-Regelsatz für den Öffentlichen Nahverkehr enthalten – pro Monat!

Freunde und Geselligkeit? 7,90 Euro sind im Hartz IV-Regelsatz für „Gaststättendienst­leistungen“ enthalten – pro Monat!

Zwischen 11.11. und Rosenmontag? Ist da nicht Weihnachten dazwischen? Aber Weihnachten ist im Hartz IV-Regelsatz nicht enthalten!

Bisschen akoholische Belustigung an Fassenacht? Paar Klopfer, hm – muss schon drin sein, oder?! Pustekuchen! Alkoholische „Genussgifte“ sind im Hartz IV-Regelsatz nicht (mehr) enthalten!

Warum kann Fastnacht für Langzeiterwerbslose nicht am 11.11. anfangen?

Warum fängt für Langzeiterwerbslose die Fastnacht nicht mal am Rosenmontag an?

Warum hört Fastnacht somit auch am Aschermittwoch nicht auf, da sie nie anfangen darf?

Wir fordern:

Her mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums als wirklich gelebte Verfassungswirklichkeit!

Bericht zur subversiven Geburtstagsfeier

Am 1.1.2005 trat Hartz IV in Kraft. Anlässlich dieses bevorstehenden 10. Geburtstags ergehen sich viele politische und der Verwaltung angehörige Akteure sowie die etablierten Medien in geschönten Bilanzen dieses neoliberalen Machwerks. Teilweise wird in den absurdesten Tönen gelobt, was mit Hartz IV alles erreicht oder gar Gutes bewirkt worden sein soll. Wir sehen nicht ein, warum wir da zurückstehen sollen, und haben am Mittwoch, den 17. Dezember 2014 gegen 11 Uhr morgens unsererseits agiert und eine herrlich subversive Geburtstagsfeier ins Jobcenter Mainz hineinverlegt!

Wir haben unser Flugblatt “Happy Birthday??? – 10 Jahre Hartz IV… und schlimmer denn je!” sowie einen Zettel mit einer Sammlung von Anlaufstellen für Hartz IV-Leistungsberechtigte an alle Anwesenden verteilt und mit den nötigen Informationen versorgt. Danach konnte die Party steigen!

Torte zum 10-Jährigen

Wir haben unsere Geburtstagstorte im Mainzer Jobcenter angeschnitten und die Stücke an die dort wartende (Feier-)mittellose “Kundschaft” verteilt, die sich über diese Überraschung riesig freute. Endlich kam mal so etwas wie eine Atmosphäre im Jobcenter-Wartebereich auf, in der mal sich einigermaßen wohl fühlen konnte!

Wir feiern den 10. Geburtstag von Hartz IV im Mainzer Jobcenter

Ich bedaure, dass wir es nicht hinbekommen haben, auch noch ein gehöriges “Happy Birthday?” dazu zu skandieren, aber als alle Flyer verteilt und die Torte ganz und gar zugeteilt war – auch unseren freundlichen Wachmännern  -, flogen wir auf und haben das Jobcenter Mainz gesittet verlassen – mit leuchtenden Augen im Rücken und einem breiten Grinsen im Gesicht!

Es war eine tolle Aktion! Unser Dank richtet sich vor allem an die Aktiven, die sofort bereit waren, ihre Unterstützung zum guten Gelingen des Ablaufs beizusteuern!

Vielleicht sollten wir die Aktion bei Gelegenheit wiederholen…

Und Schule machen wird unsere Aktion doch ganz bestimmt, oder?! 😉

Zum subversiven Geburtstag im Jobcenter

Anlässlich des bevorstehenden 10. Geburtstags von Hartz IV, das am 1.1.2005 in Kraft trat, haben wir heute die Geburtstagstorte im Mainzer Jobcenter angeschnitten und an die dort wartende (Feier-)mittellose “Kundschaft” verteilt. Hier unsere Botschaft an die Leidtragenden:

Happy Birthday???

10 Jahre Hartz IV… und schlimmer denn je!

Am 1. Januar 2005 trat das Sozialgesetzbuch II (SGB II) in Kraft, schaffte von einem Tag zum anderen die Arbeitslosenhilfe ab und pauschalierte die Leistungen für alle bis dahin von Arbeitslosenhilfe & Sozialhilfe Betroffenen auf Sozialhilfe-Niveau, nun Arbeitslosen­geld II oder Hartz IV genannt.

Seitdem fand ein beispielloser Niedergang sozialstaatlicher, rechtsstaatlicher und wirtschaftspolitischer Qualitäten statt – ganz egal, ob die Regierungskoalitionen rot-grün, schwarz-rot oder schwarz-gelb gefärbt waren!

„Vom Rheinischen zum schweinischen Kapitalismus“: DNVP-Führer, Rüstungstycoon und Medienzar Alfred Hugenberg (der „Berlusconi seiner Zeit“, so Prof. Butterwegge) prägte 1932 den Satz: „Sozial ist wer Arbeit schafft“. Für das Hartz-Regime unserer Zeit wurde dieser Slogan von der perfiden „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ nur minimal „modernisiert“ zu „Sozial ist, was Arbeit schafft“…

Hartz IV-Leistungsberechtigte werden mit Almosen abgespeist, an die „Tafel“ vertröstet, in Jobs genötigt, die weder ihrer Qualifikation noch ihren Lohnansprüchen entsprechen, und bei jeder Abweichung vom per Eingliederungsvereinbarung aufgezwungenen Re­integrationsplan kann ihre Leistung per Sanktion gekürzt oder im Extremfall ganz gestri­chen und ihnen die materielle Existenzgrundlage entzogen werden. Armut per Gesetz!

Der Hauptzweck von Hartz IV ist, Arbeitnehmer_innen, Betriebsräte und Gewerkschaften stärker unter Druck zu setzen, hinzunehmen, dass schlechte Arbeitsbedingungen und nie­drige Löhne unsere Normalität geworden sind. Ihre Disziplinierung zur Annahme von Mini­jobs, Leiharbeit und Aufstocken durch die Bedrohung, mit Hartz IV den Bezug zum guten Leben zu verlieren, führt zur Ausweitung des Niedriglohnsektors, der Lohndumping und geringe Lohnstückkosten Deutschlands auf den Weltmärkten zur Folge hat. Diese über­ragende Wettbewerbsfähigkeit konkurriert schwächere Volkswirtschaften wie Griechen­land oder Portugal nieder, deren Chancen auf wirtschaftliche Entwicklung schwinden. Nun zerstört Hartz IV also auch noch ganz Europa!

Hartz IV hat nicht nur zur Demontage des Sozialstaates beigetragen, sondern auch einen enormen Schaden an der Demokratie angerichtet, weil Hartz-IV-Betroffene immer seltener zu Wahlen gehen und somit endgültig ihre Stimme zu verlieren drohen…

Das Bundesverfassungsgericht erklärte die Jobcenter für verfassungswidrig; anstatt die verfassungswidrigen Regelungen des SGB II zu beheben, wurde nach dem Motto „Was nicht passt, wird passend gemacht“ das Grundgesetz geändert. Was erwartet uns noch?

Wir haben den „Fördern und Fordern“-Schwachsinn satt, darum:
Weg mit Hartz IV! – Grundeinkommen für Alle!

Die Mainzer Initiative gegen HARTZ IV setzt sich für alle Leistungsberechtigten in Mainz ein und kämpft mit politischen Mitteln für die Abschaffung von Hartz IV und die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens!

“…um das Schlimmste zu verhindern.”

Bericht zur Kundgebung gegen Rechtsvereinfachungen im SGB II am Standort der ASMK in Mainz, 26.11.2014

Dem nasskalten Novemberwetter zu trotzen, ist für die 50 Aktivist_innen aus dem und um das Hartz IV-Netzwerk Rheinland-Pfalz noch das geringste Problem. Im Windschatten des – welche Ironie! – mit falschen Weihnachtsgeschenken und goldfarbenen Kugeln behangenen Weihnachtsbaums der Stadt Mainz protestierten sie am 26. November 2014 gegen die sog. Rechtsvereinfachungen im SGB II, die nach dem Willen der Bundesregierung mit kaum weniger Ironie ausgerechnet am 1. April 2015 als Neuntes Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch in Kraft treten sollen. Auf den Weg gebracht wurden sie von einer Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft im Auftrag der Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK), die gleichzeitig in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz tagte. Gleichwohl das Gesetzesvorhaben eines Referentenentwurfs aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales in Berlin harrt, hat das Hartz IV-Netzwerk Rheinland-Pfalz beschlossen, den öffentlichen Protest dorthin zu tragen, wo der Unmut der Aktivist_innen über die geplanten, zum Teil verfassungswidrigen Eingriffe in Grundrechte und dreisten Einschnitte in die materiellen Rechte von Langzeiterwerbslosen seinen Ursprung hat: in der Hauptstadt des Bundeslandes, das zur Zeit den Vorsitz in der ASMK innehat.

Mit einer Protestnote tat das Hartz IV-Netzwerk Rheinland-Pfalz den Unmut der Aktivist_innen kund: “Wir protestieren auf Schärfste gegen die geplanten ‘Rechtsvereinfachungen im SGB II’, die nur die Effektivierung der Verwaltung bezwecken, aber die Situation der Betroffenen weiterhin massiv verschlechtern.” Da auch künftig mit einer Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse zu rechnen sei, würden diese Verschärfungen dazu beitragen, dass immer mehr Leistungsbezieher_innen dauerhaft an der Peripherie unserer Gesellschaft leben müssten, “mit unabsehbaren Folgen für unsere Demokratie”. Die bereits eingeleitete Spaltung unserer Gesellschaft in Arm und Reich, in Arbeitsplatzinhaber und Arbeitsplatzsuchende, würde dadurch nur vorangetrieben. Daraus ergeben sich als Schlussfolgerung und Forderung: “Arbeitslosigkeit ist kein individuelles Problem, sondern ein volkswirtschaftliches. Mit den im nächsten Jahr geplanten ‘Rechtsvereinfachungen im SGB II’ werden diese untragbaren Zustände nicht nur zementiert, sondern weiter verschlechtert und verschärft. Daher muss Hartz IV – schnellstens – durch eine verbesserte gesetzliche Regelung ersetzt werden!”

“Das System Hartz IV war von Anfang an mit ethischen Mängeln und Denkfehlern behaftet und ist auf eine traurige und ethisch bedenkliche Weise gescheitert”, konstatierte Burkhard Tomm-Bub, Ex-Fallmanager aus Ludwigshafen. “Daran wird nun auch ein Gemischtwarenladen an sogenannten Rechtsvereinfachungen nichts ändern, weil keines der Grundprobleme gelöst werden, die mit Hartz IV verbunden sind.” Tomm-Bub zitterte nach eigenem Bekunden “nicht wegen Entzugserscheinungen oder vor Angst so auffällig … eher vor Wut”: “Hier kommt ein bemerkenswerter Grad an Realitätverdrängung zum Tragen, denn dass für jeden freien Arbeitsplatz drei, vier, fünf und mehr arbeitwillige Menschen zur Verfügung stehen, wird vergessen, verdrängt, de facto geleugnet.”

“Wir lehnen die Legalisierung eines ‘rechtsfreien Raumes’, genannt Jobcenter, ab. Das Einklagen von Rechten von Leistungsbeziehern über Sozialgerichtsurteile sollte die Ausnahme sein und nicht zur Regel werden”, hob Gernot Reipen, Koordinator der AG BGE bei der Piratenpartei Deutschland, hervor. “Wir PIRATEN unterstützen die von Erwerbslosengruppen und -netzwerken im Herbst bundesweit gestartete Kampagne ‘AufRecht bestehen!'”. Logische Schlussfolgerung für Reipen: “Hartz V gehört abgeschafft!” Hartz IV sei schließlich das Ergebnis einer Politik, die einzig und allein wirtschaftlichen und kapitalistischen Interessen und Gesetzen folge. Unter diesen politischen Bedingungen und Voraussetzungen könne und werde der Mensch nur in einer Kosten-Nutzen-Analyse eingehen. “Ist der Einzelne für unser Wirtschaftssystem noch nützlich oder nicht?” benennt Gernot Reipen die in diesem System einzig entscheidende Frage. “Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt”, ruft Reipen Artikel 1 des Grundgesetzes in Erinnerung. “Aus diesem Grundrecht heraus leiten wir PIRATEN unsere Forderung nach einem Recht auf sichere Existenz und gesellschaftlicher Teilhabe ab. Deshalb setzen wir uns uneingeschränkt für das bedingungslose Grundeinkommen ein!”

“Wir brauchen Jobs für alle!” forderte Manfred Bartl, Sprecher der Mainzer Initiative gegen HARTZ IV, energisch. “Wenn wir keine Jobs für alle haben, dann brauchen wir wenigstens eine starke Bewegung gegen all die Hartz IV-Verschlimmbesserungen, wir brauchen eine Bewegung für gute Arbeit und wir brauchen eine Bewegung für das bedingungslose Grundenkommen!!”

Zum zweiten Tag der Arbeits- und Sozialministerkonferenz brachte Katja Kipping, Bundesvorsitzende der Partei DIE LINKE. ein Positionspapier zu den sogenannten Rechtsvereinfachungen im SGB II heraus, in dem sie Kritik am Auftrag…: “Die grundsätzlichen Probleme der Hartz-IV-Gesetzgebung liegen nicht auf verwaltungstechnischer Ebene. Hartz IV ist von Grund auf falsch konstruiert und muss abgeschafft werden!” … und am Stil der Bund-Länder-AG übte: “Die Arbeitsweise der zuständigen Arbeitsgruppe war von Intransparenz geprägt. Zwischenergebnisse und konkrete Arbeitsweise wurden nicht veröffentlicht, sondern nur durch Whistleblower bekannt. Sowohl außerparlamentarische Kräfte wie Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände und Erwerbsloseninitiativen als auch Bundestagsabgeordnete wurden nicht in die Arbeit der Gruppe einbezogen.”
Die inhaltliche Kritik Kippings an den Rechtsvereinfachungen ist stellenweise vernichtend, etwa zur Absicht, “die Frequenz der Datenabgleiche bezüglich Beschäftigungszeiten auf eine Frequenz von einmal monatlich, also zwölfmal jährlich statt bisher viermal jährlich zu erhöhen. “Der Vorschlag (…) bedient die Ideologie des Leistungsmissbrauchs [und] führt nicht zur Vereinfachung sondern zur Ausweitung, nämlich zu einer Verdreifachung des Verwaltungshandelns!”
Außerdem werde das Problem der Absicherung von Kindern mit getrennt lebenden Eltern im Leistungsbezug auf die Eltern verschoben. Künftig solle nur noch das Elternteil mit Kindeshauptwohnsitz den Bedarf für das Kind ausgezahlt bekommen und Bedarfe für den Aufenthalt des Kindes beim Umgangsberechtigten diesem abtreten. “Konsequent und sachlich korrekt wäre aber”, so die Parteivorsitzende, “den vollen Regelbedarf den Sorgeberechtigten zukommen zu lassen, denn viele Güter des Grundbedarfs (Wohnung, Nahrung, Kleidung usw.) lassen sich nicht in Tagen abrechnen, müssen dauerhaft vorgehalten werden. Bei Aufenthalten der Kinder bei Umgangsberechtigten in einer sog. temporären Bedarfsgemeinschaft sollte dann diesem ein Mehrbedarf für den Kinderbedarf zugebilligt werden!”
Rechts- und Verwaltungsvereinfachungen seien nicht dazu geeignet, das grundrechtswidrige Sonderrecht Hartz IV, das Armut, Ausgrenzung und Entrechtung für Millionen Menschen in Deutschland bedeute, zu beseitigen. “Der aktive Widerstand gegen Hartz IV ist weiterhin ein zentrales Feld linker und LINKER Politik und vieler sozialer Bewegungen. Hartz IV muss durch eine sanktionsfreie Mindestsicherung ersetzt werden! DIE LINKE”, kündigt Kipping an, “bringt dazu einen Antrag in den Deutschen Bundestag ein.”

Katja Kippings Positionspapier zu sog. Rechtsvereinfachungen im SGB II

Katja Kipping hat am 27.11.2014 ein zum Aktionstag gegen Rechtsvereinfachungen im SGB II und gegen die in Mainz tagende Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK) passendes “Positionspapier zu den sogenannten Rechtsvereinfachungen im SGB II. Eine Bewertung der Ergebnisse der ‘Bund-Länder-AG zur Vereinfachung des passiven Leistungsrechts im SGB  II’ aus meiner Sicht” (PDF) veröffentlicht. Wir geben das Positionspapier hier in der am 29.11.2014 um 10:06 Uhr abgerufenen Fassung wieder. Maßgeblich ist natürlich ihr Original-Positionspapier!

Katja Kipping

November 2014

Positionspapier zu den sogenannten Rechtsvereinfachungen im SGB II

(Bund-Länder-AG zur Vereinfachung des passiven Leistungsrechts im SGB II)

Vorbemerkung

Gegenwärtig liegt uns noch nicht der Referentenentwurf des Gesetzes, sondern nur die zwischen Bund und Ländern ausgehandelte Konsensliste vor. Deren Text ist an mehreren Stellen offen für verschiedene Interpretationen. Ursprünglich war vom BMAS geplant, dass der Referentenentwurf am 5.11.2014 im Kabinett und am 19.12.2014 im Bundesrat in 1. Lesung behandelt wird. Von diesem Zeitplan musste Andrea Nahles wohl Abstand nehmen, da die CSU Einspruch gegen die Abschaffung der verschärften U25-Sanktionen eingelegt hat.

1. Grundsätzliche Kritik an der Zielsetzung der Arbeitsgruppe

Die grundsätzlichen Probleme der Hartz-IV-Gesetzgebung liegen nicht auf verwaltungstechnischer Ebene.

Hartz IV ist von Grund auf falsch konstruiert und muss abgeschafft werden (siehe dazu den Antrag der Fraktion DIE LINKE “Gute Arbeit und eine sanktionsfreie Mindestsicherung statt Hartz IV”).

2. Kritik der Arbeitsweise der Bund-Länder-AG – intransparent, undemokratisch

Die Arbeitsweise der zuständigen Arbeitsgruppe war von Intransparenz geprägt. Zwischenergebnisse und konkrete Arbeitsweise wurden nicht veröffentlicht, sondern nur durch Whistleblower bekannt. Sowohl außerparlamentarische Kräfte wie Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände (außer der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge) und Erwerbsloseninitiativen als auch Bundestagsabgeordnete wurden nicht in die Arbeit der Gruppe einbezogen.

3. Einschätzung der Konsensvorschläge der Arbeitsgruppe

a) Zumindest teilweise positive Vorschläge
Wir wollen nicht verhehlen, dass einige Vorschläge zumindest teilweise positiv zu bewerten sind. Dazu gehören:

– Die Abschaffung des Sanktionssonderrechts für Menschen unter 25 Jahren und die Abschaffung der Sanktion der Kosten der Unterkunft und Heizung (Bayern stimmte dem Punkt jedoch nicht zu). Der jahrelange Kampf der Erwerbslosenbewegung und der LINKEN gegen die Sanktionen hat zumindest teilweise zum Erfolg geführt. Wobei ganz klar ist: Alle Sanktionen und Leistungseinschränkungen gehören unverzüglich abgeschafft.

– Positiv zu bewerten ist der längere Regelbewilligungszeitraum (jetzt immerhin 12 Monate) der Leistungen.

– Die grundsätzliche Anspruchsberechtigung auf ergänzendes Arbeitslosengeld II für Auszubildende in Berufsausbildung und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen sowie von Schülerinnen und Schüler in schulischen Ausbildungen. Aber auch hier ist zu kritisieren: Erstens fehlen die Studierenden, zweitens gilt aber grundsätzlich: Vorrangige Leistungssysteme und Einkommen sind so auszugestalten, dass erst gar nicht auf aufstockendes Hartz IV zurückgegriffen werden muss.
b) Vorschläge, die zur Verschärfung des Sonderrechts Hartz IV führen
Die unter a genannten Bewertungen führen keineswegs zu einer positiven Gesamtbewertung der Vorschläge für die Rechtsvereinfachung. Im Gegenteil: Viele Vorschläge führen zur Rechtsverschärfung im Sonderrecht Hartz IV. Zu nennen sind z. B.:

– Bei einem Umzug sollen künftig für alle nur noch die Kosten der Unterkunft und Heizung finanziert werden, die vor dem Umzug als “angemessen” galten. Damit wird eine mögliche Verbesserung der Wohnsituation von Hartz-IV-Betroffenen durch Umzug ausgeschlossen und das Freizügigkeitsrecht ausgehebelt.

– Das Problem der Absicherung von Kindern mit getrennt lebenden Eltern im Leistungsbezug wird auf die Eltern verschoben. Künftig soll nur noch das Elternteil mit Kindeshauptwohnsitz den Bedarf für das Kind ausgezahlt bekommen, und Bedarfe für den Aufenthalt des Kindes beim Umgangsberechtigten diesem abtreten. Für den Konfliktfall soll dem Umgangsberechtigten ein Auszahlungsanspruch zuerkannt werden.

Konsequent und sachlich korrekt wäre aber, den vollen Regelbedarf den Sorgeberechtigten zukommen zu lassen, denn viele Güter des Grundbedarfs (Wohnung, Nahrung, Kleidung usw.) lassen sich nicht in Tagen abrechnen, müssen dauerhaft vorgehalten werden. Bei Aufenthalten der Kinder bei Umgangsberechtigten (temporäre Bedarfsgemeinschaft) sollte dann diesem ein Mehrbedarf für den Kinderbedarf zugebilligt werden.

– Folgt man dem Wortlaut des Gesetzes kann ein/e Leistungsbeziehende/r, der Erwerbseinkommen und Einkommen aus ehrenamtlicher Tätigkeit hat, den pauschalen Einkommensfreibetrag von 200 Euro vom Einkommen absetzen. Zukünftig soll der Freibetrag aber nach der Einkommensart bemessen werden, bei der das Einkommen höher ausfällt. Das führt zu Problemen bei einer Kombination von Erwerbseinkommen und Einkommen aus ehrenamtlicher Tätigkeit, so soll zukünftig z. B. bei einem Erwerbseinkommensfreibetrag von 100 Euro im Falle eines zusätzlichen Einkommens aus ehrenamtlicher Tätigkeit von 105 Euro der Gesamtfreibetrag nunmehr nur noch 105 Euro betragen statt bisher 200 Euro.

– Die rückwirkende Korrektur rechtswidriger Verwaltungsakte zu den Leistungen wird erschwert. Bisher konnte die rückwirkende Korrektur nach einer höchstrichterlichen Klarstellung nur dann verwehrt werden, wenn es eine bundeseinheitliche rechtswidrige Verwaltungspraxis aller Leistungsträger (BA, kommunaler Träger, zugelassener kommunaler Träger) gegeben hat. Künftig soll es allein auf die Einheitlichkeit der Verwaltungspraxis des zuständigen Trägers (BA, kommunaler Träger oder zugelassener kommunaler Träger) ankommen.

– Erhöhung der Frequenz der Datenabgleiche bezüglich Beschäftigungszeiten auf eine Frequenz von einmal monatlich, also zwölfmal jährlich statt bisher viermal jährlich.
Dieser Vorschlag bedient die Ideologie des Leistungsmissbrauchs und führt nicht zur Vereinfachung sondern zur Ausweitung des Verwaltungshandelns (Verdreifachung).

– Der Logik des unterstellten Leistungsmissbrauchs folgt auch der Vorschlag den Katalog des “sozialwidrigen Verhaltens”, der Ersatzansprüche (Regressforderung) gegenüber den Leistungsbeziehenden bewirkt, zu erweitern. Das heißt, dass das Rechtskonstrukt der “Sozialwidrigkeit” verschärft werden soll: War bisher von “Herbeiführen der Hilfebedürftigkeit” als sozialwidriges Verhalten die Rede, sollen nun auch die “Erhöhung”, das “aufrecht Erhalten” und “nicht erfolgte Verringerung” der Hilfebedürftigkeit zu Ersatzansprüchen der Ämter gegenüber Betroffenen führen. Erstens wird aber durch die Ersatzansprüche eine wirtschaftliche Schwächung der betroffenen Personen bewirkt. Zweitens werden neue unbestimmte und unscharfe Rechtsbegriffe eingeführt, die zu einer erheblichen Schwächung der Rechtsposition der Betroffenen führen.

Vergleicht man die tlw. positiven Vorschläge mit den Vorschlägen, die eindeutig die Position und Situation der Betroffenen verschlechtern, muss festgestellt werden: Trotz einiger positiver Vorschläge handelt es sich bei dem Vorschlagspaket weniger um eine Rechtsvereinfachung, sondern mehr um eine Rechtsverschärfung bei Hartz IV!

4. Vorschläge, die in der Arbeitsgruppe keinen Konsens fanden

In den ersten Meldungen, die aus der Arbeit der Bund-Länder-Arbeitsgruppe durchsickerten, waren noch weit mehr Vorschläge für Verschlechterungen zu finden, so z. B., dass Soloselbständige bei “unrentabler Selbständigkeit” nur noch 24 Monate Leistungsanspruch haben sollen (Vorschlag aus Sachsen-Anhalt), verstärkte Datenabgleiche zur Aufdeckung von E-commerce (u. a. ebay-Einkommen) im Internet (Bundesagentur für Arbeit), Erhebung einer Gebühr für Klagen und Widersprüche durch Betroffene (Sachsen, Rheinland-Pfalz), Streichung des Mehrbedarfszuschlags für nicht erwerbstätige Alleinerziehende “um Fehlanreize zu vermindern” (Bundesagentur für Arbeit).
Dass diese und weitere Vorschläge, die die Situation und Rechtsposition der Betroffenen eindeutig verschlechtert hätten, nicht in die Liste der Konsensvorschläge aufgenommen worden sind, hat z. T. auch damit zu tun, dass sie bekannt gemacht und öffentlich skandalisiert worden sind. Dies ist auch ein Erfolg unseres Agierens. Auch hier zeigt sich: Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt.

Zusammenfassung

Erstens sind Rechts- und Verwaltungsvereinfachungen nicht dazu geeignet grundsätzlich das grundrechtswidrige Sonderrecht Hartz IV, das Armut, Ausgrenzung und Entrechtung für Millionen Menschen in Deutschland bedeutet, zu beseitigen.

Zweitens sollten bei Debatten u. a. im Bundestag und Bundesrat neben der grundsätzlichen Kritik an diesem Paket auch die besonders verschärfenden Regelungen angegriffen werden.

Drittens ist der aktive Widerstand gegen Hartz IV weiterhin ein zentrales Feld linker und LINKER Politik und vieler sozialer Bewegungen. Hartz IV wird nicht durch sogenannte Rechtsvereinfachung gut, sondern muss durch eine sanktionsfreie Mindestsicherung ersetzt werden: DIE LINKE bringt dazu einen Antrag in den Deutschen Bundestag mit folgenden Eckpunkten ein:

– Erwerbslosigkeit, Dumping- und Niedriglöhnen sowie der Ausweitung von prekärer Beschäftigung sind entgegenzutreten. Stattdessen wird Existenz sichernde und sozial abgesicherte gute Erwerbsarbeit gefördert.

– Mit einer individuellen, sanktionsfreien Mindestsicherung in Höhe von 1.050 Euro netto muss die Verarmung und Entwürdigung von allen Erwerbslosen und Menschen mit geringem Einkommen, die in der Bundesrepublik leben, beendet werden. Sofort müssen alle Sanktionen abgeschafft und ein Regelsatz von 500 Euro eingeführt werden.

– Es ist eine Kindergrundsicherung für alle Kinder und Jugendlichen einzuführen, die die Existenz und Teilhabe der Kinder und Jugendlichen sichert. Sie ist am tatsächlichen verfassungsrechtlichen Existenzminimum der Kinder zu orientieren. Dieses liegt derzeit bei 536 Euro. Die Kindergrundsicherung fasst als eigenständige Leistung bisherige kindbezogene Transferleistungen wie Kindergeld, Regelleistungen für Kinder und Jugendliche und Kinderzuschlag zusammen.

– Die mit der Einführung von Hartz IV betriebene Entrechtung der Grundsicherungsbeziehenden ist zu stoppen und rückgängig zu machen. Die Rechtsposition der Leistungsberechtigten ist grundsätzlich durch verschiedene Maßnahmen zu stärken.