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AufRecht bestehen! in Mainz

Pressemitteilung der Mainzer Initiative gegen HARTZ IV zum bundesweiten Aktionstag „AufRecht bestehen!“ am 2. Oktober 2014

AufRecht bestehen! – bundesweite Kampagne gegen die sog. Rechtsvereinfachungen im SGB II

Die bundesweite Kampagne „AufRecht bestehen!“ hat auch in Mainz einen Schwerpunkt, der auf dem Gutenbergplatz veranstaltet wird. Von 11 bis 15 Uhr wird das „Aktionsbündnis Jeden-Monat-Demo“ sich mit Vertreter_innen der Mainzer Initiative gegen HARTZ IV, des ver.di Bezirkserwerbslosenausschusses Rhein – Nahe – Hunsrück, der LINKEN HILFE Mainz e.V. und von Cronopios ¡Solidarizaos! gegen die sog. Rechtsvereinfachungen im SGB II stemmen, also gegen die im Zuge des 9. Änderungsgesetzes geplanten Verschlimmbesserungen an Hartz IV.

Als besonders perfide empfinden wir alle zum Thema Sanktionen gemachten Vorschläge. So begrüßenswert die Streichung der Totalsanktionen vor allem für Menschen unter 25 Jahren (U25) ist, so selbstverständlich ist es nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 9. Februar 2010, dass evtl. Sanktionen sich nicht gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums richten, sich insbesondere nicht gegen das Recht auf Wohnung richten, also nicht auf die Kosten für Miete und Heizung (Kosten der Unterkunft, KdU) erstrecken dürfen. Zugleich wird deutlich, dass es sich nur um Augenwischerei handelt, weil dieser Grundsatz nicht nur nach wie vor verletzt wird, sondern sogar auf breiter Basis verschlimmert werden soll, wenn selbst bei Meldeversäumnissen (die mit weitem Abstand die meisten aller Sanktionen ausmachen und bislang mit einer 10-prozentigen Kürzung „bestraft“ wurden) eine Kürzung von 30 % des Regelbedarfs angesetzt werden. Auch von pauschalen Kürzungen des menschenwürdigen Existenzminimums (in Höhe von 50 Euro, 100 Euro o.Ä.) halten wir im Lichte des Bundesverfassungsgerichtsurteils verständlicherweise gar nichts.

Selbst die begrüßenswerte Aufweitung des Bewilligungszeitraums von 6 auf 12 Monate ist letztlich ein Offenbarungseid gegenüber nicht Langzeiterwerbslose einstellenden Unternehmen, der vor allem Bundeskanzlerin Merkel Hohn spricht, die sich immer wieder vor die Kameras stellt und meint, in Hartz IV solle man sich nicht einrichten können, weil es nur für den – möglichst kurzfristigen – Übergang bis zur Annahme des nächsten Jobs gedacht sei. Das ist angesichts dessen, dass sie von Langzeiterwerbslosen spricht, ohnehin zynisch und erweist sich angesichts dieser Kapitulation als nur noch grausamer.

Auch soll die Sonderrechtszone Hartz IV ausgeweitet werden, die ganz grundsätzlich abzulehnen ist. Wenn Rechtsmittel wie der Widerspruch oder die Erhebung der Klage vor dem Sozialgericht vom SGB und vom SGG vorgesehen sind, verletzt es den grundgesetzlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn Gebühren ausgerechnet für im Rechtskreis SGB II betreute Menschen vorgesehen werden, mit denen eine wirkungsvolle Inanspruchnahme des materiellen Rechts verhindert wird, wenn man das Geld nicht aufbringen kann. Dagegen befindet sich aktuell eine Petition an den Deutschen Bundestag in der Mitzeichnungsphase. (http://t1p.de/ctzd)

Dagegen kann es für alle gerecht und billig denkenden Bürger_innen nur heißen: AufRecht bestehen!

Hartz IV so schön – kaum noch auszuhalten!

Hier unser Flugblatt zum Jeden-Monat-Infostand im Aktionszeitraum der Aktion “AufRecht bestehen!” am 24. September 2014:

Rechtsvereinfachungen im SGB II
Hartz IV so schön – kaum noch auszuhalten!

Der Sozialneid von oben nimmt zu. Viele Menschen stellen sich unter Hartz IV nicht etwa das soziale Horror-Szenario des 21. Jahrhunderts vor, sondern offenbar so etwas wie eine „soziale Hängematte“, in der es sich der faule Unterschichtler bequem gemacht hat und die nur noch verlassen wird, um die nächste Flasche Bier zu holen oder um nach der Fernbedienung zu langen, mit der man auf dem Plasmafernseher durchs Unterschichten­fernsehen zappt. Und jetzt sollen auch noch „Rechtsvereinfachungen“ für Hartz IV kommen?

Was heißt das? Mehr Geld für weniger Tun? Steht nicht die nächste Erhöhung des Regel­bedarfs an? Ist jetzt etwa Luxus drin, einmal Kino im Monat? Gibt’s keine Maßnahmen, keine Sanktionen mehr? Haben die den Alkoholanteil wieder integriert?
Nein, denn damit wird nicht das Leben der von Langzeiterwerbslosigkeit Betroffenen und ihrer Familien einfacher; stattdessen wird der Bürokratie das Schikanieren noch mehr vereinfacht und der Willkür Tür und Tor geöffnet!

Zwar würden die miesesten Sanktionen für Menschen zwischen 18 und 25 Jahren (U25) einkassiert, aber dafür soll der Regelbedarf schon bei Meldeversäumnissen um 30 Prozent gemindert werden. Sanktionen schränken aber Ihr Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ein. Verfassungswidrig!

Wenn Sie einen Bescheid ungerecht finden, sollen Sie Gebühren zahlen, um einen Widerspruch einlegen und nach dessen Ablehnung Klage vorm Sozialgericht einreichen zu können? Woher das Geld nehmen, wenn nicht stehlen? Das Ende des Rechtsstaats!

Wenn Sie immer noch ein Übermaß an Freizeit einfach dadurch erlangen wollen, dass der Staat Sie von restlos Allem abschneidet, wenn Armut für Sie keine Schande ist und Ihnen keinen geistigen Albdruck verursacht, wenn Ihnen also Hartz IV so sehr gefällt, dann lassen Sie uns sofort tauschen: Ich mache Ihren Job und Sie machen auf Hartz IV…

Oder fordern wir doch lieber gemeinsam:
Schluss mit allen Hartz IV-Verschlimmbesserungen!
AufRECHT bestehen! Kein Hartz IV-Sonderrecht!
Zeichnen Sie die Petition mit unter http://t1p.de/ctzd !

 

Hartz IV so schön – kaum noch auszuhalten!

Das Aktionsbündnis Jeden-Monat-Demo in Mainz veranstaltet den Jeden-Monat-Infostand (auch als Vorbereitung auf die Arbeits- und Sozialminister-Konferenz am 26. November in Mainz) am 24. September 2014 von 11 bis 14 Uhr am Kardinal-Volk-Platz und am 2. Oktober 2014 von 11 bis 15 Uhr auf dem zentralen Gutenbergplatz (Theaterplatz) Mainz.

Neben dem bundesweiten Motto “AufRecht Bestehen!” am 2. Oktober verwenden wir lokal auch den Slogan “Hartz IV so schön – kaum noch auszuhalten!“.

Der Jeden-Monat-Infostand findet normalerweise am 3. Mittwoch jedes Monats statt; wegen der “AufRecht Bestehen!”-Aktionstage haben wir dem Jeden-Monat-Infostand im September aber auf den 4. Mittwoch verschoben.

Als Themen greifen wir die Sonderrechtszone Hartz IV (Petition!) mit U25, nur 1 Jahr Überprüfung nach § 44 SGB X, geplante Widerspruchs- und Klagegeühren usw., die Verschärfungen für Alleinerziehende, die Mogelpackung Sanktionsreduzierung für U25-Menschen bei gleichzeitiger Verschärfung der Sanktionen insgesamt, obwohl Sanktionen verfassungswidrig sind, die Alternativen für eine sozial gerechte Rechtsvereinfachung im SGB II der BAG PLESA (PDF) auf und wuchern ggf. mit den Römern (Hartz IV – IX. Änderungsgesetz) und ergänzen es um das geplante Inkrafttreten ausgerechnet am 1. April 2015…

Beteiligt sind:

Wir sind Weltmeister!

Unser Flugblatt zum Jeden-Monat-Infostand am 16. Juli 2014.

Wir sind Weltmeister!

Ja, die Deutschen sind wieder Weltmeister! Weltmeister im Sich-Belügen-und-Betrügen-Lassen! Die Deutschen lassen sich ein löchriges Lohnuntergrenzengesetz als gesetzlichen Mindestlohn vorgaukeln! Die Deutschen lassen sich weismachen, ihr gutes deutsches Steuerzahlergeld würde irgendwelchen „faulen Griechen“ zufließen! Die Deutschen lassen sich Jahr für Jahr mehr ihrer Rente wegnehmen und glauben, mit einer „privaten Vorsorge“ würden sie das wieder rausreißen können! Die Deutschen lassen sich einlullen, dass „Deutschland“ Weltmeister wäre, obwohl nur die deutsche Fußball-Nationalmannschaft den Weltmeistertitel errungen hat, und machen die Nacht zum Tag – dabei leben sie immer noch in Hartz IV-Land, wo die „Armut per Gesetz“ längst der allumfassenden „Armut mit System“ weichen musste! Von dem bisschen Geld, das ihnen bleibt, machen sie Konzerne reich und kaufen sich gleich „ihr“ neues Trikot mit einem vierten Stern drauf! Und wenn die Deutschen nicht höllisch aufpassen, werden sie dank TTIP, CETA und TiSA noch mit Haut und Haaren verkauft!

Und jetzt auch noch „Rechtsvereinfachungen“ im Hartz IV-Gesetz „SGB II“!

Damit wird nicht das Leben der von Langzeiterwerbslosigkeit Betroffenen und ihrer Familien einfacher! Nein, die Bürokratie vereinfacht sich vielmehr das Schikanieren!

Zwar würden die miesesten Sanktionen für Menschen zwischen 18 und 25 Jahren (U25) einkassiert, aber dafür soll der Regelbedarf schon bei Meldeversäumnissen um 30 Prozent gemindert werden. Sanktionen schränken aber das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ein. Verfassungswidrig!

Bei Umzügen soll eine Zusicherung des Jobcenters auf Kostenübernahme obligatorisch werden, da sonst nur die Kosten der bisherigen Wohnung übernommen werden. Das schränkt die Freizügigkeit ein. Verfassungswidrig! Die angemessenen Kosten müssen immer übernommen werden!

Darum fordern wir:

Schluss mit allen Hartz IV-Verschlimmbesserungen!

AufRECHT bestehen! Kein Sonderrecht in Jobcentern!

Bedingungsloses Grundeinkommen für Alle!

Auch die Bundesvorsitzende der Partei DIE LINKE., Katja Kipping, fordert verstärkten politischen Druck auf die Bundesregierung.

Jeden-Monat-Infostand im Juni 2014

Am Mittwoch, den 18. Juni 2014 gibt es in Mainz wieder unseren Jeden-Monat-Infostand, und zwar von ca. 11:30 Uhr bis 14 Uhr an der stadtabgewandte Seite der  Römerpassage Richtung Neubrunnenplatz (gegenüber der Back-Factory).

Hier unser Flugblatt dazu:

Das ist kein Mindestlohngesetz, sondern ein entgrenztes Lohnuntergrenzengesetz!

Die SPD verkauft das aktuell im Bundestag verhandelte Mindestlohngesetz als ihren Erfolg, den vor der Bundestagswahl versprochenen Mindestlohn jetzt durchzusetzen. Zuletzt hat Ministerpräsidentin Malu Dreyer am 1. Mai in Mainz so getan, als würde jetzt die heile Welt einkehren oder jedenfalls der lang ersehnte Mindestlohn, von dem sie gar nicht mehr geglaubt hätte, seine Einführung je bei einer Maikundgebung verkünden zu können. Bullshit! Das „Mindestlohngesetz“ ist kein Mindestlohngesetz, sondern ein entgrenztes Lohnuntergrenzengesetz, mit dem sich die Unionsfraktion nicht nur komplett gegen die vagen Mindestlohnvorstellungen der SPD durchgesetzt hat; die Unionsfraktion schafft es auch noch, namens- und systemwidrige Lücken für Jugendliche und Langzeiterwerbslose hineinzustechen! Und will noch mehr Schlupflöcher aushandeln!!

Allein diese für Jugendliche unter 18 Jahren und für Langzeiterwerbslose für je sechs Monate nach Jobantritt vorgesehenen Ausnahmen untergraben aber den volkswirtschaftlichen Sinn eines Mindestlohngesetzes: Wenn es Ausnahmen vom gesetzlichen Mindest­lohn gibt, dann werden alle Arbeitgeber (die dies logistisch stemmen können) Langzeiterwerbslose für unter sechs Monate befristet einstellen oder dank unsicherem Kündigungsschutz auch aus festangestellten Positionen nach sechs Monaten einfach wieder hinauswerfen, um unter Umgehung des „Mindestlohns“ immer neue Langzeiter­werbslose zyklisch durchzuschleusen, um auf diese Weise den Mindestlohn für all diese Arbeitskräfte auszuhebeln. Das bedeutet Hire & Fire mit Ansage und maximale Aus­beutung! Mit diesem perfiden Drehtürmodell haben Langzeiterwerbslose keine Chance mehr, aus Hartz IV herauszukommen, da niemand Anwartschaften aus der Arbeitslosen­ver­siche­rung erwerben und somit niemals Arbeitslosengeld I in Anspruch nehmen kann.

Darum fordern wir:
Keine Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn!
Gesetzlicher Mindestlohn als existenzsichernde und vor Altersarmut schützende Untergrenze des Lohngefüges!
Verbot von Hire & Fire!

LINKSFRAKTION stellt Antrag auf Abschaffung aller Sanktionen bei Hartz IV

Heute, am Freitag, den 6. Juni 2014, stellt die LINKSFRAKTION im Deutschen Bundestag den Antrag auf Abschaffung aller Sanktionen im SGB II (Hartz IV) und aller Leistungseinschränkungen im SGB XII!

Wie Katja Kipping vermeldete, werden sie und Sabine Zimmermann den Antrag mit je einem Redebeitrag vertreten und auch live zu sehen sein in der Mediathek des Bundestages. Die Übertragung beginne ab 10:45 Uhr und läuft schätzungsweise bis 12:30 Uhr.

Viel Erfolg!!!

Der Antrag im Wortlaut (PDF) oder hier:

Deutscher Bundestag Drucksache 18/1115

18. Wahlperiode 09.04.2014

Antrag

der Abgeordneten Katja Kipping, Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W. Birkwald, Thomas Lutze, Azize Tank, Kathrin Vogler, Harald Weinberg, Birgit Wöllert, Pia Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Sanktionen bei Hartz IV und Leistungseinschränkungen bei der Sozialhilfe abschaffen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Das menschenwürdige Existenzminimum ist durch das Grundgesetz verfassungsrechtlich geschützt. Es ergibt sich aus der Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot (BVerfG 1 BvL 1/09 vom 9.2.2010). Die Menschenwürde nach Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) begründet den Leistungsanspruch. Das Sozialstaatgebot erteilt dem Gesetzgeber den Auftrag, jedem ein menschenwürdiges Existenzminimum zu sichern. Der konkrete Leistungsumfang ist durch den Gesetzgeber auf der Grundlage einer Bedarfsberechnung festzulegen.

Mit dieser Festlegung konkretisiert der Gesetzgeber – sofern diese Ermittlung ihrerseits verfassungskonform vollzogen wurde – das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum. Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ist „dem Grunde nach unverfügbar“ (Nr. 133) und der gesetzliche Leistungsanspruch muss so ausgestaltet sein, dass er „stets den gesamten existenznotwendigen Bedarf jedes individuellen Grundrechtsträgers deckt“ (Nr. 137).

In Deutschland erfolgt die Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums über die Sicherungssysteme Hartz IV und Sozialhilfe (gemäß dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch – SGB II und SGB XII). Mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums sind gesetzliche Regelungen unvereinbar, die zu einer Unterschreitung des Existenzminimums führen. Sanktionen in Form einer Minderung oder eines vollständigen Wegfalls der Leistungen (Zweites Buch Sozialgesetzbuch) und Leistungseinschränkungen (Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch) führen aber zu einer Unterschreitung des gesetzlich festgelegten menschenwürdigen Existenzminimums.

Ebenso wie das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht „migrationspolitisch“ zu relativieren ist – so das Bundesverfassungsgericht in dem Urteil zum Asylbewerberleistungsgesetz (BVerfG vom 18.7.2012 – 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11, Absatz-Nr. 121) -, darf es „arbeitsmarktpolitisch“ nicht relativiert werden, indem jenseits der Bedürftigkeit ein bestimmtes Verhalten der Leistungsberechtigten zur Voraussetzung des Leistungsbezugs gemacht wird (vgl. Wolfgang Neskovic/Isabel Erdem: Zur Verfassungswidrigkeit von Sanktionen bei Hartz IV – zugleich eine Kritik am Bundesverfassungsgericht, in: SGb 2012, 134-140; Wolfgang Neskovic: Sanktionen im SGB II – nur problematisch oder verfassungswidrig? Thesen zu einem Streitgespräch, in: info also 2013, 205 f.).
Sanktionen und Leistungseinschränkungen im Sozialrecht sind der Ausdruck eines Sozialstaats, der in dieser Hinsicht als paternalistischer Erziehungsstaat agiert. Insofern sind Sanktionen und Leistungseinschränkungen Überbleibsel einer armenrechtlichen Tradition des Arbeitshauses und der Disziplinierung zu Wohlverhalten, die bis heute weiterwirkt. In dieser Tradition werden leistungsberechtigte Menschen als Erziehungsbedürftige angesehen. Mit einem demokratischen Sozialstaat, der von Rechtsansprüchen der Bürgerinnen und Bürger ausgeht, ist dieses Denken unvereinbar.

Sanktionen und drohende Leistungseinschränkungen zielen auch auf die Mitte der Gesellschaft und führen zu Ängsten und Verunsicherung bei den Beschäftigten. Der Druck, auch niedrig bezahlte Beschäftigung anzunehmen, hat prekäre Beschäftigungsformen auf dem Arbeitsmarkt verfestigt und führt zu niedrigen Löhnen. Die Handlungsfähigkeit der Interessenvertretungen der Beschäftigten und der Gewerkschaften wird geschwächt.

Nicht nur aus den Perspektiven von Demokratie und Verfassungsrecht sind Sanktionen und Leistungseinschränkungen abzulehnen. Es gibt darüber hinaus keinerlei Belege für eine arbeitsmarktpolitisch sinnvolle Wirkung. Die SGB-IILeistungsberechtigten sind bereits jetzt vielfältig aktiv: sie gehen Erwerbsarbeit nach, sie pflegen und betreuen Kinder, Eltern, Kranke und/oder sind ehrenamtlich tätig. Die Bereitschaft zur Erwerbsarbeit muss und kann nicht durch Sanktionen oder Leistungseinschränkungen erzwungen werden. Die Motivation zur Erwerbsarbeit ist in aller Regel vorhanden. Wo Sanktionen vorgenommen werden, führen sie nicht zu wünschenswerten Verhaltensänderungen. Im Gegenteil: Vertrauen in die Jobcenter geht verloren und teilweise brechen Sanktionierte den Kontakt mit den Jobcentern ganz ab (vgl. Klaus Dörre u. a.: Bewährungsproben für die Unterschicht. Soziale Folgen aktivierender Arbeitsmarktpolitik, Frankfurt am Main 2013; Helmut Apel, Dietrich Engels: Unabhängige wissenschaftliche Untersuchung zur Erforschung der Ursachen und Auswirkungen von Sanktionen nach § 31 SGB II und nach dem SGB III in NRW, 2013).

Erwerbslosigkeit ist entgegen der Unterstellung des Aktivierungsansatzes nicht das Ergebnis von „falschem“ Verhalten der Arbeitsuchenden, das durch Sanktionen geändert werden könnte, sondern hat ihre Ursache in den strukturellen Problemen des Kapitalismus. Das arbeitsmarktpolitische Paradigma der „Aktivierung“ individualisiert dagegen gesellschaftliche Probleme. Auf diese Art und Weise werden die Opfer des Arbeitsmarktes zu „Tätern“ umgedeutet. Außerdem werden Leistungsbeziehende mit Sanktionsandrohungen in Jobs mit schlechten Löhnen und Arbeitsbedingungen gezwungen (IAB-Kurzbericht 15/2010). Hartz-IVLeistungsberechtigte sind wehrlos gegenüber den Zumutungen ausbeuterischer Arbeitsverhältnisse. Dies führt auch zur Disziplinierung aller Beschäftigten. Aus Angst vor Jobverlust mit anschließendem Bezug von Hartz-IV-Leistungen sind sie bereit, Verschlechterungen von Löhnen und Arbeitsbedingungen zu akzeptieren. Durch die Minderung bzw. den vollständigen Wegfall von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und Leistungseinschränkungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch wird das menschenwürdige Existenzminimum unterschritten oder sogar komplett vorenthalten. Selbst die Wohnkosten werden nicht verschont. Junge Erwachsene werden besonders häufig und drastisch sanktioniert. Das Sanktionsrecht verbreitet Angst und Existenznot unter den Betroffenen. Es untergräbt ihre Würde, weil sie zu Objekten der staatlichen Bürokratie degradiert werden.

Sanktionierte haben nur selten die Möglichkeit, die finanziellen Einbußen zu überbrücken. Soziale Isolierung und Verelendung sind daher die Folge: Diese zeigt sich in einer massiven Verschlechterung des Gesundheitszustandes, einer zunehmenden Verschuldung und einem spürbaren Anstieg der Wohnungslosigkeit der betroffenen Personen. Insbesondere bei den unter 25-Jährigen wird die Zunahme der Wohnungslosigkeit in einen ursächlichen Zusammenhang mit den Hartz-IV-Regelungen gebracht (BAG Wohnungslosenhilfe, Pressemitteilung vom 28.1.2008). Sanktionen „aktivieren“ die Betroffenen in einer äußerst unproduktiven Art und Weise: Die Sanktion zieht einen „Überlebenskampf“ nach sich, der Zeit und Energie vollständig bindet. Viele, insbesondere junge Erwerbslose, brechen ihren Kontakt zu den zuständigen Behörden ab. Damit verschwinden diese Personen sowohl aus der Statistik als auch aus den öffentlichen Unterstützungssystemen (Anne Ames: Ursachen und Auswirkungen von Sanktionen nach § 31 SGB II, NDV 3/2100, S. 11 ff.; Berliner Kampagne gegen Hartz IV: Wer nicht spurt, kriegt kein Geld, Sanktionen gegen Hartz-IV-Beziehende. Erfahrungen, Analysen, Schlussfolgerungen. Berlin 2008).

Eine sanktionsfreie Mindestsicherung beseitigt die grundrechtswidrige Möglichkeit der Unterschreitung des Existenzminimums, beugt sozialen Verwerfungen vor und stärkt die Würde der Leistungsberechtigten. Eine sanktionsfreie Mindestsicherung macht die Leistungsberechtigten zu handlungsfähigen Subjekten gegenüber den Behörden und auf dem Arbeitsmarkt. Die Träger der Sozialleistungen müssen den Leistungsberechtigten attraktive und individuell angemessene Angebote machen, um von den Leistungsberechtigten als konkrete Hilfe angesehen zu werden. Die Organisation und die Instrumente der Sozialleistungssysteme sind stärker an den Bedürfnissen der Leistungsberechtigten auszurichten.

Der Bundestag begrüßt aus den genannten Gründen gesellschaftliche Aktivitäten und Initiativen, die die Abschaffung aller Sanktionsmöglichkeiten im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und aller Möglichkeiten von Leistungseinschränkungen im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch befördern. Der Bundestag begrüßt ausdrücklich die Petition von Inge Hannemann zur Abschaffung der Sanktionen und Leistungseinschränkungen, die von rund 90 000 Menschen unterstützt wurde.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
einen Gesetzentwurf mit folgenden Kernpunkten vorzulegen:

1. Im Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch werden sämtliche Sanktionen und Leistungseinschränkungen abgeschafft. Eine Unterschreitung der Leistungen unter das Niveau der gesetzlich festgelegten Regelbedarfe wird dadurch ausgeschlossen.

2. Widersprüche und Anfechtungsklagen gegen einen Verwaltungsakt, der Sanktionen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch feststellt, haben eine aufschiebende Wirkung.

Berlin, den 9. April 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Flugblatt zum Jeden-Monat-Infostand

Jobcenter Mainz macht die Schotten dicht…

Das Mainzer Jobcenter, zuständig für alle 15.000 Leistungsberechtigten nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II, auch bekannt als Hartz IV) in Mainz, hat kürzlich seine Öffnungszeiten dramatisch eingeschränkt. Wohlgemerkt: Öffnungszeiten – nicht Schalteröffnungszeiten! Die Türen stehen nun
nur noch offen von Montag bis Freitag von 07.30 bis 12.00 Uhr!
Wer außerhalb der Öffnungszeiten – also etwa einfach „am Nachmittag“ – beim Jobcenter Mainz Erledigungen zu tätigen hat, steht vor verschlossenen Türen und kann höchstens noch den freistehend außen vorm Gebäude angebrachten Briefkasten nutzen – nicht aber den Fotokopierer, die (anzuratende) Möglichkeit einer Eingangsbestätigung und den (wenigstens etwas) sichereren, weil in die Empfangstheke integrierten Hausbriefkasten!

Das ist vor allem deswegen problematisch, weil das Jobcenter Mainz selbst viele Leistungsberechtigte zu Maßnahmen verpflichtet, die üblicherweise (mindestens) vormittags stattfinden. Für diesen Personenkreis ist das Jobcenter mithin komplett verschlossen – sofern man sich nicht für einen vormittäglichen Jobcenter-Besuch
tages- oder zumindest stundenweise von der Maßnahme freistellen lässt.
Dies kann aber nicht im Sinne des Erfinders sein!

Wenn wir fürs Jobcenter schon „Kunden“ sind, dann fordern wir…
umfassende Öffnungszeiten des Mainzer Jobcenters!
…wenigstens für die einfache Vorsprache in dringenden Fällen, die Nutzung des Fotokopierers, der Schreibtische, der Stelleninformationssysteme und des sicheren Hausbriefkastens!

Im Übrigen glauben wir nicht, dass diese scheinbare Entzerrung zwischen Antrags- und Unterlagenentgegennahme einerseits und Antragsbearbeitung andererseits irgendeinen Nutzen bringt, da die offenbar verstärkt auf den Vormittag umgelegten Termine zu noch weniger Zeit für das Vorbringen sinnvoller Förderungsansprüche und begleitender Absprachen oder Antragsbegründungen führt, was wiederum den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Jobcenters die Antragsbearbeitung künstlich erschwert…

Die Mainzer Initiative gegen HARTZ IV setzt sich für alle Leistungsberechtigten in Mainz ein und kämpft mit politischen Mitteln für die Abschaffung von Hartz IV und die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens!

Niemand geht allein zum Amt!

Jeden-Monat-Infostand im November

Am Buß- und Bettag 2013 informierten wir gleich über zwei Themen: die Abschaffung des gesetzlichen Feiertags 1995 und Alternativabschaffungen für eine bessere Welt sowie die psychische Belastung in Hartz IV anlässlich einer IAB-Studie (PDF).


Buß- und Bettag – da war doch was?

Vor fast 20 Jahren wurde der Buß- und Bettag als gesetzlicher Feiertag abgeschafft. Die Arbeitgeber hatten dies durchgesetzt, um die Mehrbelastung (ihres Profits) in Gestalt der  Arbeitgeberanteile an der neuen Pflegeversicherung durch Mehrarbeit der Arbeitnehmer – letztlich also durch diese allein – (gegen) zu finanzieren…

Wir haben da mal ne Frage:

Was können wir denn alles abschaffen, um einen menschenwürdigen Hartz-IV-Regelbedarf oder besser gleich ein bedingungsloses Grundeinkommen  zu finanzieren?

  • Vermögensteuerbefreiung
  • Arbeitgeber-Privilegien bei den Sozialabgaben
  • Absenkung des Einkommensteuer-Spitzenssatzes
  • Pauschale Bevorteilung von Kapitalerträgen (25 Prozent Abgeltungsteuer)
  • alle sozialstaatswidrigen Regelungen!

Manfred Bartl


Hartz IV ist die falsche Behandlung!

  • Die Befragten fühlen sich zu sehr hohen Anteilen sozial desintegriert.
  • Hierzu trägt neben der unzureichenden Grundsicherung vor allem auch das Brachliegen beruflicher Fähigkeiten bei.
  • Mehr als die Hälfte der Befragten leidet unter dem Verlust der Lebensfreude.
  • 9 Prozent der Befragten sind umgezogen, weil ihre vorherigen Wohnkosten als zu hoch galten; 5 Prozent waren zum Befragungszeitpunkt aufgefordert, die Wohnkosten zu reduzieren.
  • Bei weiteren 28 Prozent werden die Wohnkosten nur teilweise übernommen.
  • 32 Prozent der Befragten sind nur noch mäßig intensiv arbeitsuchend. Die meisten von ihnen haben die Hoffnung auf den Erfolg solcher Bemühungen verloren, was aber nicht bedeutet, dass sie nicht erwerbstätig sein wollen.
  • Beträchtliche Anteile der Befragten haben arbeitsmarktgerechte Wünsche zu ihrer beruflichen Qualifizierung beziehungsweise Weiterqualifizierung, die ganz überwiegend auf die Ablehnung der SGB II-Träger stoßen.
  • In so genannten Arbeitsgelegenheiten werden zu einem großen Teil öffentliche Aufgaben erfüllt, die vor 2005 als reguläre Erwerbstätigkeiten erfüllt wurden.

Quelle: “Umsetzung des SGB II in Baden-Württemberg“, eine Studie  der Hans-Böckler-Stiftung.

Unser Flugblatt zum Weltspartag

Weltspartag 2013

Das Wort “Sparen” bedeutet eigentlich die Schaffung von Rücklagen bei der Bank aus laufenden Überschüssen, mit denen die Bank dann “arbeiten”, also Kredite vergeben kann, wofür Zinsen fällig werden. Man kann auf Zwecke hin- oder für Vorsorge ansparen. Menschen können das! Aber…

Volkswirtschaftliches Sparen ist unmöglich!

Wenn “wir” mal wieder “den Gürtel enger schnallen” sollen, wird – entgegen allen Verlautbarungen – nichts “gespart”; vielmehr werden Ausgaben zurückgefahren, Mittel gekürzt, Sozialstaat abgebaut und Menschen in ihrer menschenwürdigen Lebensführung eingeschränkt! Maximal wird die staatliche Schuldenneuaufnahme begrenzt. Angesichts der Geldvermögen (5 Bio. Euro) und gigantischen Einkommen in Deutschland kann man das unmöglich gerecht nennen. Darum…

Üben Sie Zweifel bei politischen Vorgaben zum “Sparen”!

Mit der Riester-Rente verzichten Sie auf den entsprechenden Arbeitgeberanteil zu Ihrer Altersvorsorge, verzichten Sie auf Konsum, verzichten Sie in dieser permanenten Bankenkrise auf Zinserträge und verzichten Sie am Ende womöglich auf Auszahlungen, wenn die Riester-Ausschüttungen im Alter auf Ihre Grundsicherung angerechnet werden, ganz abgesehen davon, dass Ihr Riester-Geld Börsenspielgeld für Ihre “Versicherung” darstellt.

Wir fordern eine sichere Umlagerente, ein gerechtes Steuersystem, den funktionierenden Sozialstaat und bedingungsloses Grundeinkommen für alle!

Unser Flugblatt zur BGE-Woche

Hartz IV für Leistungsberechtigte
Grundeinkommen für alle!
Wir fordern: Erspart uns die Erhöhung des Hartz-IV-Leistungssatzes von 382 auf 391 Euro zum 1.1.2014, sondern führt gleich das bedingungslose Grundeinkommen für alle ein!

Das vom Bundesverfassungsgericht am 9.2.2010 festgestellte Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums braucht Wirtschaftssubjekte mit echten wirtschaftlichen Gestaltungsmöglichkeiten, um die allen grundrechtlich garantierten sozialen, kulturellen und politischen Teilhaberechte in Anspruch nehmen zu können!

Grundeinkommen ist finanzierbar!

Gerade mal die Hälfte des Bruttonationaleinkommens in Höhe von 2 Billionen Euro wird zur Finanzierung des Grundeinkommens in Anspruch genommen!

Das bedingungslose Grundeinkommen

  1. ist ein individueller Grundrechtsanspruch (keine Bedarfsgemeinschaften!),
  2. der in existenzsichernder Höhe ausgezahlt wird und dabei
  3. weder an eine Bedürftigkeitsprüfung (Bürokratieeinsparung)
  4. noch an eine Gegenleistung oder gar an einen Arbeitszwang geknüpft ist.