Am 9. Februar 2010 hat das Bundesverfassungsgericht das “Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums” etabliert und dabei (Randziffer 137) darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber darauf hinzuwirken hat, dass dieses Grundrecht permanent gewahrt bleibt: “Der gesetzliche Leistungsanspruch muss so ausgestaltet sein, dass er stets den gesamten existenznotwendigen Bedarf jedes individuellen Grundrechtsträgers deckt (…). Wenn der Gesetzgeber seiner verfassungsmäßigen Pflicht zur Bestimmung des Existenzminimums nicht hinreichend nachkommt, ist das einfache Recht im Umfang seiner defizitären Gestaltung verfassungswidrig.”
Eines habe ich daraus von Anfang an geschlossen, nämlich dass Sanktionen nach Paragraph 31 SGB II damit hinfällig sind, da die Mittel zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nach einer Absenkung logischerweise nicht mehr vollumfänglich zur Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums beitragen könnten. Klar!
Einen starken Hinweis darauf hatte das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden abgegeben (wir berichteten), das Verrechnungen von Überzahlungen durch Einbehalt bei der nächsten Auszahlung durch die ARGE unter den Vorbehalt der gesetzlichen Pfändungsfreigrenzen stellte. Da man auch im Falle von “Sanktionen” (was immer die eigentlich rechtlich rechtfertigt) ein Anrecht auf die Leistungen des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums hat, müsste das Geld in voller Höhe ausbezahlt werden und Einbehalte nach Paragraph 31 SGB II zumindest unter dem Vorbehalt der gesetzlichen Pfändungsfreigrenzen stehen.
Meines Wissens hat bislang aber noch niemand auf die zweite Konsequenz aus diesem Anspruch hingewiesen: Im Zuge der Einführung von Hartz IV war seinerzeit der Wegfall jener Fürsorgepflicht der Sozialbehörden nach dem Sozialhilfegesetz in den Fokus geraten, derzufolge sie selbstständig tätig zu werden hatten, wenn sie von der Hilfebedürftigkeit eines Menschen Kenntnis erlangt hatten. Letztlich war die Streichung dieser Regelung die Todesursache des jungen Mannes in Speyer. Mit dem Urteil vom 9. Februar 2010 muss diese Fürsorgeverpflichtung wieder ins SGB II aufgenommen werden!!
Richtig, aber im Entwurf für 2011 ist nichts aufgeführt. Wenn die SPD uns wieder in den Rücken fällt, sieht es schlecht aus.
Dann muß wohl jeder Betroffene eine Verfassungsbeschwerde nach Widerspruch machen. Besser noch einen Eilantrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, da dem Betroffenen ein Nachteil entsteht, der im Nachhinnein nicht wieder gut gemacht werden kann.