Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2013 ist im Verkehrsverbund Mainz-Wiesbaden (VMW) die familienfreundliche Mitnahmeregelung für eigene Kinder entfallen und durch eine merkwürdige, zwar auf beliebig viele Kinder ausgedehnte, aber realitätsfern auf nach 19 Uhr (und auf Wochenenden und Feiertage) beschränkte RMV-weit gültige Mitnahmeregelung ersetzt worden. Komischerweise ist der (in irgendeiner Form von Öffentlichkeit spürbare) Protest ausgbelieben…
Umso erstaunlicher, dass sich jetzt (über Antenne Mainz aufgeschnappt und im Wiesbadener Kurier ist es auch nachzulesen) der Wiesbadener Oberbürgermeister Sven Gerich (SPD) im Magistrat “durchsetzen” konnte, dass “die Wiesbadener Stadtbusse ab 1. März 2014 wieder zur alten Familienmitnahmeregelung zurückkehren”!
Im den Kommentaren zum WK-Online-Artikel fand ich einen Hinweis auf eine AVAAZ-Petition zur Wiederherstellung der erweiterten Mitnahmeregelung des VMW, und obwohl ich weder von AVAAZ überzeugt noch von der Petition (die mit der Formulierung “Bisher durften….” beginnt) begeistert bin, möchte ich (da es offenbar die einzige Form öffentlichen Protests gegen den Unsinn ist) die Mitzeichnung empfehlen!
(Bitte behaltet die Petition im Auge, denn es geht nur um 100 MitzeichnerInnen und ich habe im Verlauf meiner Mitzeichnung im Augenwinkel den Hinweis “Diese Petition wartet auf Genehmigung durch die Avaaz-Gemeinschaft” aufgeschnappt. Die eigentliche Petition wird also womöglich erst nachgeschoben/aus der Initiierungspetition in die eigentliche Petition umgewandelt, wenn die ersten 100 Leute dabei sind.)
Wäre schon mal ein Anfang (und ein Achtungserfolg), die familienfreundliche Mitnahmeregelung wiedereinzurichten, bevor man sich um SozialPass und ticketlosen ÖPNV bemüht! Außerdem sollte die familienfreundliche Mitnahmeregelung ein Kennzeichen des gesamten VMW sein und nicht auf Wiesbaden beschränkt werden. Dasselbe gilt auch für die auf Wiesbadener Seite mit Sozialticket mögliche S-Bahn-Benutzung, die in Mainz grundlos eingeschränkt ist.
Weiter zur Petition:
Bisher durften Erwachsene mit Zeitkarte (Wochen-, Monats- oder Jahreskarte) des VMW alle eigenen oder bis zu drei fremde Kinder bis 14 Jahren ab 9 Uhr kostenlos in den öffentlichen Verkehrsmitteln des VMW mitnehmen.
Ab 15.12.2013 wird diese Mitnahmeregelung des VMW eingestellt und durch die Mitnahmeregelung des RMV ersetzt. Damit dürfen Erwachsene Kinder erst ab 19 Uhr kostenlos mitnehmen, dafür dann aber nicht nur die eigenen oder bis zu drei, sondern beliebig viele…
Für viele Familien stellt die neue Regelung keine Verschlechterung dar, denn die meisten Gymnasiasten bekommen ihre eigenen Zeitkarten aus Steuermitteln bezahlt (das nächste Gymnasium liegt in der Regel mehr als 4km vom Wohnort entfernt, damit ist die Voraussetzung erfüllt, dass die Fahrtkosten erstattet werden).
Gerade sozial schwächere Familien, deren Kinder in die Realschule Plus (früher Hauptschule) gehen, werden durch die neue Regelung benachteiligt. Solche Kinder haben in der Regel keine eigene Zeitkarte, denn die Realschule liegt ja oft weniger als 4km entfernt, und selbst wenn der Weg durch unbeleuchtete Felder und an stark befahrenen Straßen vorbei führt, werden die Kosten für eine Zeitkarte bei diesen Kindern nicht vom Steuerzahler getragen.
Für Familien mit mehreren Kindern stellt sich nun ernsthaft die Frage, ob es nicht günstiger ist, mit dem Auto zu fahren, als die vorhandene Fahrkarte eines Elternteils für die gemeinsame Fahrt zu verwenden.
Es ist schwer verständlich, warum Tiere und Fahrräder im VMW unentgeltlich befördert werden, wenn sie in Begleitung eines zahlenden Fahrgastes sind, Kinder aber nicht.
Die VMW führt als Begründung für die Umstellung der Mitnahmeregelung eine Harmonisierung im RMV-Verkehrsverbund an. Die Harmonisierung begrenzt sich jedoch auf diese Mitnahmeregelung – bei der Fahrradmitnahme sieht die VMW keinen Bedarf zur Harmonisierung.
Aus dem Selbstverständnis von AVAAZ: “Avaaz.org ist ein weltweites Kampagnennetzwerk mit 32 Millionen Mitgliedern, das sich zum Ziel gesetzt hat, den Einfluss der Ansichten und Wertvorstellungen aller Menschen auf wichtige globale Entscheidungen durchzusetzen. (“Avaaz” bedeutet “Stimme” oder “Lied” in vielen Sprachen). Avaaz Mitglieder gibt es in jedem Land dieser Erde; unser Team verteilt sich über 18 Länder und 6 Kontinente und arbeitet in 17 verschiedenen Sprachen.”