Mit einem regulären Termin für die Jeden-Monat-Demo in der Woche des Grundeinkommens war es angebracht, die JMD dem Grundeinkommen zu widmen, das die Mainzer Initiative gegen HARTZ IV und Linkswärts ganz bewusst und aktiv fordern.
Hier das Skript der Rede zur Abschlusskundgebung von Manfred Bartl:
Liebe Krisen- und Kapitalismusgeschüttelte!
Liebe speziell und allgemein Betroffene des Prekariats!
Liebe Mainzerinnen und Mainzer!
Dies ist die Jeden-Monat-Demo gegen Hartz IV und für das bedingungslose Grundeinkommen!
Warum denken wir über das bedingungslose Grundeinkommen nach?
Es ist offenkundig: Unsere Wirtschaftsordnung, die Soziale Marktwirtschaft, versagt an allen Ecken und Enden. Die primäre Verteilung der Kaufkraft scheitert in zweierlei Hinsicht: Die Lohnquote sinkt zugunsten der Kapitaleinkommen und die Arbeitskapazitäten sind enorm unterausgelastet, was man an der unsinnig langen Wochenarbeitszeit und der Massenarbeitslosigkeit erkennt, die nach Arbeitszeitverkürzung schreien. Wir wollen eine 25-Stunden-Woche anstreben!
Zugleich wird die sekundäre Umverteilung, die zur Korrektur unzureichender Primärverteilung gedacht ist, in der Dauerkrise der Massenarbeitslosigkeit noch heruntergefahren. Der Regelsatz von Hartz IV sorgt nicht nur nicht für das sogenannte soziokulturelle Teilhabeminimum, sondern vielfach nicht einmal mehr für das Existenzminimum!
Nun ist es aber so, dass die Bürgerinnen und Bürger einer marktwirtschaftenden Gesellschaft selbstverständlich als Wirtschaftssubjekte ausgestattet werden müssen.
Wie soll das möglich sein, wenn Millionen von Menschen mit Hartz IV in Verhältnisse gestoßen und in Verhältnissen gehalten werden, die Götz Werner mit „offenem Strafvollzug“ gleichsetzt?
Als alternative Wirtschaftsform schlage ich in der Woche des Grundeinkommens das bedingungslose Grundeinkommen vor. Seine Haupteigenschaft ist, dass a) zugrunde gelegt wird, dass „die Wirtschaft“ Mittel zum Zweck des Wohlstands für alle in und für die Gesellschaft ist und b) der Einzelne dies auch unmittelbar erfährt, indem er zu Anfang des Monats eine monetäre Grundlage für sein freies und eigenverantwortliches Wirtschaften in Höhe von – Pi mal Daumen – 1500 Euro erhält.
Dies ist eine reine Veranschaulichung! Nicht-monetäres Wirtschaften könnte Teile davon ersetzen: ein für das Individuum nicht mit Kosten verbundener Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV), ein kostenloser Grundbedarf bei Wasser, Strom und Gas, ein Grundrecht auf ein Quantum Wohnraum usw.
Wegweisend für die Einführung des Grundeinkommens sind die vier Kriterien des Netzwerks Grundeinkommen, über die man sich unter grundeinkommen.de weiter informieren kann. Ziel ist demnach ein bedingungsloses Grundeinkommen,
- das existenzsichernd ist und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht,
- auf das ein individueller Rechtsanspruch besteht,
- das ohne Bedürftigkeitsprüfung und
- ohne Zwang zur Arbeit oder sonstigen Gegenleistungen
garantiert wird.
Das Grundeinkommen beseitigt die wirtschaftsbedingte Einkommensarmut und vergrößert den individuellen Freiheitsspielraum in der Wirtschaft – insbesondere in Richtung der so dringend benötigten Arbeitzeitverkürzung und ArbeitFAIRteilung, was in doppelter Hinsicht zu mehr allgemeinem Wohlstand führt: mit mehr Freizeit und mehr wirtschaftlicher Freiheit. Derzeit arbeiten alle Erwerbstätigen unverantwortlich lange, nur um die Arbeitslosigkeit zu finanzieren.
Im Hinblick auf die allgemein mögliche Befriedigung der Lebensbedürfnisse aller Menschen im Lande nennt man das Grundeinkommen auch garantierten Mindestumsatz. Die Menschen setzen das Geld aus dem Grundeinkommen schließlich (so ist es zumindest gedacht) für den Konsum ein. Diese beiden Aspekte sind der Hauptgrund für die Einführung des Grundeinkommens. Da das Sein das Bewusstsein bestimmt, wird damit immerhin erreicht, dass sich der Horizont der Menschen soweit erweitert, dass sich wieder alle klarmachen können, was sie wirklich wollen. Und sie wollen garantiert keine Rente mit 67, keine Riester-Rente, kein Kohlekraftwerk, keine Leiharbeit usw.
Katja Kipping bezeichnet das Grundeinkommen darüber hinaus als Demokratiepauschale. Gesellschaftliche Subjekte können sich nur dann für die Gesellschaft engagieren, wenn ihre gesellschaftliche Existenz gesichert ist. Auch auf dieser Ebene sind also vom Grundeinkommen belebende Impulse zu erwarten.
Abschließend ein Wort zu Finanzierung des Grundeinkommens: Das Grundeinkommen ist finanzierbar. Punkt. Es wird deutlicher, wenn man es als Wirtschaftsform betrachtet. Die Wirtschaftsform des bedingungslosen Grundeinkommens müsste sich demnach einfach selber tragen. Und das ist prinzipiell immer möglich, dass eine Gesellschaft sich selbst versorgen kann, denn zu genau diesem Zweck schließen sich die Menschen ja zu einer Gesellschaft zusammen! Auch die Soziale Marktwirtschaft könnte sich problemlos selbst tragen (gerade in einem reichen Land wie Deutschland), wenn die Politik und die herrschenden Kreise vor allem in der Wirtschaft nicht die Werte dieses Gesellschaftssystems über Bord geworfen hätten. Zur Verdeutlichung dieses Umstands lässt sich anführen, dass das schon heute umverteilte Sozialbudget rein rechnerisch für ein grundlegendes Einkommen ausreichen würde, erst recht, wenn man bedenkt, wie viel Bürokratie durch eine solche Umkanalisierung entfallen und wie viele Bürokraten sich sinnvolleren Tätigkeiten zuwenden könnten. Aber selbst wenn man noch Hunderte von Milliarden Euro zuschießen müsste zu diesem Kostenpunkt der Volkswirtschaft, so muss doch immer bedacht werden, dass es sich bei der Wirtschaft um einen Kreislauf handelt, die Kosten für das Grundeinkommen also zugleich Kaufkraft und Konsum-Umsatz für die Wirtschaftsunternehmen handelt, welche diesen zufließt.
Wir fordern daher die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens für alle!
Darüber hinaus sollten wir jedoch den notwendigen Bruch mit dem Profitprinzip und der Kapitalakkumulation zum Selbstzweck nicht aus den Augen verlieren und uns mit der Freiheit des Grundeinkommens im Rücken verstärkt für eine solidarische Bedürfnisbefriedigungswirtschaft einsetzen!