Category Archives: Lernmittelfreiheit

Pressespiegel zur Kundgebung

Kein Zuschuss für Schulbücher

Collisi: Finanzlage lässt Hilfe nicht zu/ Schul-Caterer will Mängel abstellen

Vom 16.08.2007

Eine Bezuschussung zum Kauf von Schulbüchern, wie sie jetzt für bedürftige Eltern gefordert wird (siehe nebenstehenden Artikel), kann sich die Stadt nicht leisten. Das stellte Sozialdezernent Birgitt Collisi gestern klar. Zweites Thema im Ferienparlament: Die zukünftige Essensversorgung der Mainzer Ganztagsschulen.

Von Frank Schmidt-Wyk

Das Problem ist im Sozialdezernat durchaus bekannt: Die Hartz-IV-Regelleistungen sind für viele bedürftige Familien zu gering, als dass sie ihre Kinder zum Schulbeginn angemessen mit Lernmaterial ausstatten könnten.

Früher, zu Zeiten der alten Sozialhilfe, wurden für solche Fälle Sonderleistungen gewährt, doch seit der Hartz-IV-Reform gibt es, verkürzt gesagt, nur noch eine Regelleistung, die aus Sicht des Gesetzgebers offenbar auch ausreichende Sätze für den Schulbedarf enthält. Das dem mitnichten so sei, darauf macht in diesen Tagen ein Aktionsbündnis des DGB aufmerksam, das von der Stadt unter anderem eine Soforthilfe für bedürftige Familien einfordert. Sozialdezernentin Birgitt Collisi (SPD) sah sich deshalb angehalten, das Thema im Hauptausschuss spontan aufzugreifen.

Um für betroffene Familien den durch die Hartz-IV-Regelsätze verursachten Verlust gegenüber früheren Sonderleistungen auszugleichen, müsste die Stadt 360000 Euro aufbringen, rechnete Collisi vor. Als freiwillige Leistung hätte eine solches finanzielles Engagement aufgrund der defizitären Haushaltslage der Stadt Mainz jedoch keine Chance, vor der Aufsichtsbehörde Gnade zu finden, so Collisi. Der Verweis auf Städte wie Düsseldorf oder Oldenburg, die sich eine solche Unterstützung leisten, ziehe nicht, denn deren Haushalte seien ausgeglichen, die dortigen Politiker könnten deshalb freier über Haushaltsmittel verfügen.

Außerdem erstattete Collisi in Vertretung des erkrankten Schuldezernenten Peter Krawietz Bericht über den aktuellen Stand in Sachen Essensverpflegung der Ganztagsschulen. Mit dem Caterer “Speisezeit”, der trotz seiner Kündigung (die AZ berichtete), die Mainzer Schulen noch für das gesamte Schuljahr beliefern muss, seien zuletzt etliche Gespräche geführt worden. Dabei habe Geschäftsführer Jan N. Vermeegen zugesichert, Mängel abzustellen. Wie bereits im Stadtrat Anfang Juli beschlossen, werde demnächst ein “Runder Tisch” mit Vertretern der Stadt, der Schulen, der Elternschaft sowie der Schüler besprechen, was geändert und was fortgesetzt werden soll. Zudem stehe die abschließende Analyse des Landesuntersuchungsamtes der von “Speisezeit” gelieferten Nahrung über einen Zeitraum von zehn Wochen noch aus. Das bisher vorliegende Ergebnis, das zu einer Abmahnung der Stadt für den Caterer geführt hatte, basiert auf an vier Tagen entnommenen Proben und ist nach Ansicht von Vermeegen nur begrenzt aussagekräftig.

Bei der Aushandlung eines neuen Vertrages für das übernächste Schuljahr gebe es grundsätzlich die Möglichkeit, den Schulen zu gestatten, ihre Belieferung mit Verpflegung eigenständig zu regeln, sagte Collisi auf Frage von Grünen-Fraktionssprecher Günter Beck – die noch geltende Vereinbarung mit “Speisezeit” erlaube dies nicht. Um die gewünschte Qualität sicherzustellen, sei auch eine Erhöhung des städtischen Beitrages zur Schulverpflegung nicht ausgeschlossen, so Collisi.


Leserbrief:

Vom 18.08.2007

Für die Haltung des städtischen Sozialdezernats, kein Geld für Schulbücher für bedürftige Familien bereitzustellen, hat dieser Leser kein Verständnis.

Eine Schande

Der Beitrag über “Kein Zuschuss für Schulbücher” in der AZ hat mich wieder an den “Leitfaden der Tierkunde” erinnert, den ich 1949 zu Beginn meiner 7. Klasse umsonst erhalten habe. Unser Biologielehrer hatte bei seiner Sammelbestellung zwei Freiexemplare erhalten, von denen ich eins bekam, weil ich zu den ärmsten Kindern der Klasse gehörte. Damals konnte eine Kriegerwitwe mit drei Kindern die beiden “Großen” auf die höhere Schule (heute Gymnasium) schicken, weil das “rote” Hessen als eines der ersten Bundesländer das Schulgeld abgeschafft hatte. Auch die von menschenfreundlichen Amerikanern gespendete “Schulspeisung” gab es natürlich für alle umsonst. Deutschland war 1949 ein armes Land.

Trotzdem hatten armer Leute Kinder eine Chance – selbst wenn sie nicht zu den “Hochbegabten” zählten wie meine Wenigkeit, die mehrfach “mit Ausgleich” versetzt wurde und erst während des Studiums zur “Leistungselite” aufrückte.

Auch heute ist “Armut keine Schande”, besonders für Kinder, die in eine arme Familie geboren werden. Aber eine Schande ist es, dass eine Sozialdezernentin sich gezwungen sieht, armen Kindern “eine Bezuschussung zum Kauf von Schulbüchern” zu verweigern, weil die Stadt Mainz sich so etwas “nicht leisten” kann. Hat Frau Collisi wirklich vergessen, dass ihre Partei, die SPD, früher einmal für die Chancengleichheit aller Kinder in Deutschland gekämpft hat? Der Verfasser dieses Leserbriefs ist ein Beispiel dafür, dass ihr Kampf sich gelohnt hat. Doch warum verspielen wir heute die Zukunft unseres Volkes, obwohl alle wissen, was zu tun ist? Wann endlich folgen den leeren Versprechungen wirkliche Taten?

Prof. Dr. Hans Sillescu
55127 Mainz


Soforthilfe durch Bildungsfonds

Aktionsbündnis fordert Finanzhilfe für Familien

Vom 16.08.2007

Von Mara Braun

Nächste Woche beginnt das neue Schuljahr und während sich die meisten Kinder darauf freuen, haben viele Eltern Probleme, den Schulbedarf der Sprösslinge zu finanzieren. Besonders betroffen sind laut Rita Schmitt vom DGB Rheinhessen-Nahe Familien, die von Hartz-IV leben müssen. Gemeinsam mit dem Verband Alleinerziehender Mütter und Väter, der Pro Familia Mainz, der Mainzer Initiative gegen Hartz-IV und Armut und Gesundheit in Deutschland e.V. hat der DGB deshalb das Aktionsbündnis zur Finanzierung von Schul- und Bildungsbedarfen bei Kindern von ALG-II-Empfänger gegründet.

Das Aktionsbündnis hat drei konkrete Forderungen formuliert, um bestehende Missstände zu beheben. Zunächst müsse die Stadt Soforthilfe leisten, beispielsweise durch die Einrichtung eines Bildungsfonds, mit dem der Bedarf der betroffenen Familien gedeckt wird. Für die Zukunft fordert das Bündnis zudem vom Land eine echte Lernmittelfreiheit und schließlich müsse der Bund die Hartz IV Sätze an den tatsächlichen Bedarf angleichen.

“Diese Familien brauchen dringend Hilfe”, betont Schmitt und erklärt, im Hartz-IV-Satz für Kinder sei Geld für Schulsachen nicht einmal vorgesehen: “Lediglich 1,63 Euro für Schreibsachen im Monat, aber wovon sollen Ranzen, Mäppchen oder Sportschuhe bezahlt werden?” Reell seien Ausgaben von knapp 200 Euro pro Kind und Schuljahr, um “wenigstens den Grundbedarf abzudecken”.

Vom Land gebe es zwar Lernmittelgutscheine, die könnten aber nur in Buchhandlungen und für vorgeschriebene Bücher genutzt werden. “Das ist kontraproduktiv, weil man die Bücher billiger beim Schulbasar kaufen und von dem Geld stattdessen Zirkel oder Füller bezahlen könnte!”

Stadt, Fraktionen und Sozialdezernentin Collisi seien noch vor der Sommerpause auf die Situation hingewiesen worden, “ein Treffen mit Frau Collisi wird es aber leider erst im September geben”, so Schmitt. Andere Städte seien flexibler und hätten noch zum Schuljahresbeginn Lösungen gefunden, bedauert Gisela Hilgerfort, Geschäftsführerin der pro Familia Mainz. Aus den Fraktionen sei aber keinerlei Hilfe gekommen. Immerhin erschien zur Veranstaltung des Bündnisses gestern in der Innenstadt die Fraktion ÖDP/Freie Wähler. Der stellvertretende Fraktionsgeschäftsführer Kurt Mehler nannte die Haltung der Stadt einen “Skandal” und versprach, bei der nächsten Stadtratssitzung einen Antrag für die Bereitstellung von Soforthilfe einzureichen. Dann ist das neue Schuljahr allerdings schon mehrere Wochen alt.


Kein Zuschuss von der Stadt für Schulbedarf

Vom 16.08.2007

fsw. MAINZ Das Haushaltsdefizit der Stadt Mainz lässt eine finanzielle Hilfe für bedürftige Eltern bei der Ausstattung ihrer Kinder mit Schulbedarf nicht zu – das machte Sozialdezernentin Birgitt Collisi (SPD) gestern im Hauptausschuss klar.

Diese Forderung war von einem Aktionsbündnis des DGB erhoben worden, weil etliche Familien aufgrund der Hartz-IV-Reform schlechter gestellt seien als zu Zeiten der alten Sozialhilfe.

Lokales


“Schule kostet Geld”

15. August 2007 | 12:32 Uhr

Wenige Tage vor dem Schulstart in Rheinland-Pfalz hat ein Bündnis in Mainz bessere Unterstützung von «Hartz IV»-Familien bei der Finanzierung des Schulbedarfs gefordert. «Im Hartz IV-Satz von 208 Euro für Kinder bis 14 Jahren ist für die Schulmittel gar kein Geld vorgesehen», sagte Rita Schmitt vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Rheinhessen-Nahe auf ddp-Anfrage am Mittwoch in Mainz.

Aktuelle Nachrichten – Mainz (ddp-rps). Wenige Tage vor dem Schulstart in Rheinland-Pfalz hat ein Bündnis in Mainz bessere Unterstützung von «Hartz IV»-Familien bei der Finanzierung des Schulbedarfs gefordert. «Im Hartz IV-Satz von 208 Euro für Kinder bis 14 Jahren ist für die Schulmittel gar kein Geld vorgesehen», sagte Rita Schmitt vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Rheinhessen-Nahe auf ddp-Anfrage am Mittwoch in Mainz. Für Schulbücher würden aber pro Jahr bis zu 200 Euro für ein Kind fällig. Das Aktionsbündnis aus DGB, Elternverbänden und «Hartz IV»-Initiativen fordere deshalb von der Stadt Mainz, bedürftigen Kindern mit einer finanziellen Soforthilfe unter die Arme zu greifen. «Schule kostet Geld. Geld, das Hartz IV-Familien nicht haben», sagte die Geschäftsführerin des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter in Rheinland-Pfalz, Monika Wilwerding. Im Regelsatz seien für Schreibwaren lediglich 1,64 Euro pro Monat vorgesehen. Das reiche gerade für Bleistift und Radiergummi, unterstrich Wilwerding. Auch ein Ansparen der benötigten Summen sei da nicht möglich. «Hartz IV» raube so den betroffenen Kindern Bildungschancen, kritisierte Hermann Stauffer von der Mainzer Initiative gegen «Hartz IV». Nach Angaben der Initiative leben in Mainz derzeit mehr als 4000 Kinder unter 15 Jahren von «Hartz IV», etwa die Hälfte ist im schulpflichtigen Alter. Das Aktionsbündnis fordert deshalb vom Land die Einführung einer allgemeinen Lernmittelfreiheit. Die derzeitigen Gutscheine für Schulbücher reichten nicht aus. Zusätzlich müsse die Stadt den Schulkindern helfen. Schmitt kritisierte, das Bündnis habe auf die Probleme bereits vor den Ferien hingewiesen, die zuständige Mainzer Sozialdezernentin Birgit Collisi wolle sich aber erst im September mit dem Aktionsbündnis zu einem Gespräch treffen.

(ddp)


Streit um die Schulmittel

15. August 2007 | 15:20 Uhr

34,99 Euro steht auf dem Plakat, darunter das Bild eines Taschenrechners. Anna Penew hält es hartnäckig in die Höhe, auf den Rücken hat sich die Mutter eines achtjährigen Sohnes einen Schulranzen geschnallt. Am Montag beginnt in Rheinland-Pfalz die Schule, und mit dem Schuljahr kommen die neuen Bücherlisten.

Aktuelle Nachrichten – Mainz (ddp-rps). 34,99 Euro steht auf dem Plakat, darunter das Bild eines Taschenrechners. Anna Penew hält es hartnäckig in die Höhe, auf den Rücken hat sich die Mutter eines achtjährigen Sohnes einen Schulranzen geschnallt. Am Montag beginnt in Rheinland-Pfalz die Schule, und mit dem Schuljahr kommen die neuen Bücherlisten. «Und es sind ja nicht nur die Bücher», sagt Penew. Ihr Sohn kommt jetzt in die dritte Klasse, ein neuer Ranzen ist fällig, dazu Hefte, Stifte, Bastelbedarf und Turnschuhe für den Sportunterricht. Das Problem der Mutter: Anna Penew ist «Hartz IV»-Empfängerin, ihr monatliches Budget gibt diese Ausgaben einfach nicht her. Am Donnerstag vor fünf Jahren wurden die Hartz-Gesetze als große Reform der Sozialpolitik verkündet. Seit 2003 beträgt der Regelsatz für «Hartz IV»-Empfänger 345 Euro im Monat, für Kinder unter 14 Jahren gibt es zusätzlich 207 Euro. Das Geld ist genau eingeteilt: Für Essen sind bei einem Kind 76,39 Euro vorgesehen, für Schuhe 4,40 Euro, für Spielzeug 76 Cent, für Schreibwaren 1,63 Euro. «Für Schulmittel ist im ´Hartz IV´-Satz gar kein Geld vorgesehen», kritisiert Rita Schmitt vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Rheinhessen-Nahe. Für Schulbücher würden aber pro Jahr bis zu 200 Euro für ein Kind fällig. Aus den «Hartz IV»-Geldern lasse sich das einfach nicht ansparen. Der DGB hat sich deshalb mit Elternorganisationen und «Hartz IV»-Initiativen zu einem Aktionsbündnis zur Finanzierung von Schul- und Bildungsbedarf in Mainz zusammen geschlossen. Bei einer Aktion in Mainz am Mittwoch forderten sie von der Stadt eine bessere Unterstützung der «Hartz IV»-Kinder. «Ohne Schulsachen lernt es sich schlecht, ´Hartz IV´ raubt den betroffenen Kindern Bildungschancen», kritisierte Hermann Stauffer von der Mainzer Initiative gegen «Hartz IV». Nach Angaben der Initiative leben in Mainz derzeit mehr als 4000 Kinder unter 15 Jahren von den staatlichen Sozialleistungen, etwa die Hälfte ist im schulpflichtigen Alter.

Von der Stadt forderte das Bündnis die Einrichtung eines Fonds zur Finanzierung von Schulsachen für bedürftige Kinder. In Städten wie Oldenburg, Osnabrück und Chemnitz gebe es bereits solche Einrichtungen, sagte Schmitt. Eine andere Möglichkeit seien Darlehen von den Jobcentern, auf deren Rückzahlung verzichtet werde. Von der Landesregierung fordert das Bündnis die Einführung einer allgemeinen Lernmittelfreiheit – wie auch die rheinland-pfälzischen Grünen.

«Unsere Landesregierung tritt mit dem Anspruch auf, ein Land für Kinder zu sein, lässt aber zugleich eine enorme Ungerechtigkeit zu», sagte die Bitburger Bundestagsabgeordnete der Grünen, Ulrike Höfken. Die Belastung durch die Schulbuchausgaben seien für alle Eltern «unverhältnismäßig und unnötig», in anderen Bundesländern gebe es dagegen Ausleihsysteme, die sehr gut funktionierten. Rheinland-Pfalz «hinkt da hinterher», betonte Höfken. Das Bildungsministerium wies das zurück und verwies auf die vom Land ausgegebenen Bildungsgutscheine, mit denen pro Jahr rund 131 000 Schüler unterstützt würden. Das Land habe diese Hilfen gerade auf 13 Millionen Euro pro Jahr aufgestockt.

«Die Gutscheine reichen bei Weitem nicht aus», sagt dagegen Anna Penew. 40 Euro erhält sie in diesem Jahr an Büchergeld, einlösen kann sie es nur in Buchhandlungen – und nur bis Oktober. «Ich muss aber das ganze Jahr über Bücher kaufen», sagt Penew. 40 Euro hatte sie vergangenes Schuljahr schnell ausgegeben – für vier Arbeitshefte ihres Sohnes. Und dann waren da ja auch noch Ranzen, Hefte – und der Taschenrechner für 34,99 Euro.

(ddp)


Grüne fordern Konzept für Lernmittelfreiheit in Rheinland-Pfalz

5. August 2007 | 04:32 Uhr

Die Grünen in Rheinland-Pfalz fordern von der Landesregierung ein Konzept zur Einführung einer generellen Lernmittelfreiheit im Land. «Unsere Landesregierung tritt mit dem Anspruch auf, ein Land für Kinder zu sein, lässt aber zugleich eine enorme Ungerechtigkeit zu», sagte die Bitburger Bundestagsabgeordnete der Grünen, Ulrike Höfken, im Interview mit der Nachrichtenagentur ddp.

Aktuelle Nachrichten – Mainz/Bitburg (ddp-rps). Die Grünen in Rheinland-Pfalz fordern von der Landesregierung ein Konzept zur Einführung einer generellen Lernmittelfreiheit im Land. «Unsere Landesregierung tritt mit dem Anspruch auf, ein Land für Kinder zu sein, lässt aber zugleich eine enorme Ungerechtigkeit zu», sagte die Bitburger Bundestagsabgeordnete der Grünen, Ulrike Höfken, im Interview mit der Nachrichtenagentur ddp. Die Eltern müssten jedes Jahr zum Schulstart rund 200 Euro pro Kind allein für Schulbücher ausgeben. Das sei eine «unverhältnismäßige und unnötige Belastung», kritisierte Höfken. In 14 von 16 Bundesländern gebe es Hilfssysteme bei der Schulbuch-Anschaffung, nur Rheinland-Pfalz und das Saarland «hinken hinterher». Am Mittwoch will in Mainz ein Aktionsbündnis für eine bessere Finanzierung von Schulbedarf bei Kindern aus sozial schwachen Familien werben. Höfken sagte weiter, die Grünen unterstützten dies, wollten aber darüber hinaus gehen. Die Partei hat deshalb eine landesweite Unterschriftenkampagne für eine generelle Lernmittelfreiheit gestartet. Kinder würden «richtig teuer, wenn sie zur Schule gehen», dann gebe es aber keine Unterstützung mehr, argumentierte die Politikerin. Die Schulbuch-Kosten seien «eine schwere Belastung» auch für Eltern, die normal verdienten. Zwar gibt es an vielen rheinland-pfälzischen Schulen Schulbuchbörsen, oft gelinge es aber nicht, die alten Bücher dort auch loszuwerden, sagte Höfken weiter. Oft stünden die Bücher im nächsten Schuljahr nicht mehr auf der Liste der Folgeklassen. Als Gegenmodell nannte Höfken Ausleihsysteme, die in anderen Ländern wie Hessen oder Nordrhein-Westfalen seit Jahrzehnten reibungslos funktionierten. Bücher nur für ein Jahr zu kaufen, sei dagegen «rausgeschmissenes Geld», kritisierte sie und fügte hinzu: «Wozu die Bücher in den Papierkorb werfen?»

(ddp)


Bündnis in Mainz fordert Schulbeihilfen für Kinder von «Hartz IV»-Empfängern

[BILD “Schule kostet Geld” ©ddp] [Das Bild ist nicht von der Kundgebung!]

15.08.2007 13:05:04 – Wenige Tage vor dem Schulstart in Rheinland-Pfalz hat ein Bündnis in Mainz bessere Unterstützung von «Hartz IV»-Familien bei der Finanzierung des Schulbedarfs gefordert. «Im Hartz IV-Satz von 208 Euro für Kinder bis 14 Jahren ist für die Schulmittel gar kein Geld vorgesehen», sagte Rita Schmitt vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Rheinhessen-Nahe auf ddp-Anfrage am Mittwoch in Mainz.

(live-PR.com) -Mainz (ddp-rps). Wenige Tage vor dem Schulstart in Rheinland-Pfalz hat ein Bündnis in Mainz bessere Unterstützung von «Hartz IV»-Familien bei der Finanzierung des Schulbedarfs gefordert. «Im Hartz IV-Satz von 208 Euro für Kinder bis 14 Jahren ist für die Schulmittel gar kein Geld vorgesehen», sagte Rita Schmitt vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Rheinhessen-Nahe auf ddp-Anfrage am Mittwoch in Mainz.

Für Schulbücher würden aber pro Jahr bis zu 200 Euro für ein Kind fällig. Das Aktionsbündnis aus DGB, Elternverbänden und «Hartz IV»-Initiativen fordere deshalb von der Stadt Mainz, bedürftigen Kindern mit einer finanziellen Soforthilfe unter die Arme zu greifen.

«Schule kostet Geld. Geld, das Hartz IV-Familien nicht haben», sagte die Geschäftsführerin des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter in Rheinland-Pfalz, Monika Wilwerding. Im Regelsatz seien für Schreibwaren lediglich 1,64 Euro pro Monat vorgesehen. Das reiche gerade für Bleistift und Radiergummi, unterstrich Wilwerding. Auch ein Ansparen der benötigten Summen sei da nicht möglich. «Hartz IV» raube so den betroffenen Kindern Bildungschancen, kritisierte Hermann Stauffer von der Mainzer Initiative gegen «Hartz IV». Nach Angaben der Initiative leben in Mainz derzeit mehr als 4000 Kinder unter 15 Jahren von «Hartz IV», etwa die Hälfte ist im schulpflichtigen Alter.

Das Aktionsbündnis fordert deshalb vom Land die Einführung einer allgemeinen Lernmittelfreiheit. Die derzeitigen Gutscheine für Schulbücher reichten nicht aus. Zusätzlich müsse die Stadt den Schulkindern helfen. Schmitt kritisierte, das Bündnis habe auf die Probleme bereits vor den Ferien hingewiesen, die zuständige Mainzer Sozialdezernentin Birgit Collisi wolle sich aber erst im September mit dem Aktionsbündnis zu einem Gespräch treffen.

(ddp)

Schülersoforthilfe-Kundgebung

Am 15. August 2007 führen wir – als Aktionsbündnis zur Finanzierung von Schul- und Bildungsbedarfen bei Kindern von Arbeitslosengeld-II-EmpfängerInnen – ab 12 Uhr auf dem Kardinal-Volk-Platz (am innerstädtischen Ausgang der Römerpassage) eine Kundgebung für ein städtisches Soforthilfeprogramm zum nächste Woche beginnenden Schuljahr durch. Wir wollen die Bevölkerung auf das Problem aufmerksam machen, dass Kinder von Arbeitslosengeld-II-EmpfängerInnen aufgrund des reduzierten Regelsatzes kaum ihre Lehr- und Lernmittel (Bücher, Schulranzen, Schreib- und Malsachen, Taschenrechner, etc.) bezahlen können.Zusätzlich muss die Presse erfahren, dass Verwaltung und Politik der Stadt Mainz sich aufgrund unserer Initiative der Dringlichkeit des Problems wohl bewusst sind, jedoch nicht in diesem Sinne reagiert haben, und dass die Sozialdezernentin, Frau Collisi, uns erst Mitte September einen Gesprächstermin offeriert hat. Dieser Termin ist nicht etwa am Gegenstand orientiert, sondern an Urlaubsplänen bestimmter Abteilungsleiter ihrer Behörde…

Das Mainzer Aktionsbündnis fordert Taten!

Nächste Woche beginnt das neue Schuljahr.Das Mainzer Aktionsbündnis zur Finanzierung von Schul- und Bildungsbedarfen bei Kindern von Arbeitslosengeld II EmpfängerInnen hat schon vor der Sommerpause sowohl die Sozialdezernentin der Stadt Mainz als auch die Stadtratsfraktionen auf die unhaltbare Situation von Schulkindern aus einkommensschwachen Familien hingewiesen. Passiert ist bis heute allerdings nichts.

Um die Chancen von Kindern aus einkommensschwachen Haushalten zu verbessern, hatte das Bündnis einen kommunalen Schulmittelfonds gefordert. Aus dem Fonds sollen die Kosten für die zum Schulbeginn notwendigen Schulsachen wie Ranzen, Füller, Hefte und Bücher erstattet werden, solange eine langfristig geforderte eigenständige Kindergrundsicherung auf Bundesebene und eine umfassende Lernmittelfreiheit auf Landesebene nicht für bildungsfreundliche Verhältnisse für alle sorgen. Hier muss die Stadt Mainz mit einer schnellen und unbürokratischen Soforthilfe vor Ort einspringen.

“Die Schulsachen werden jetzt zum Schuljahresbeginn gebraucht, die Kinder können nicht warten“, so Dr. Gisela Hilgefort, Geschäftsführerin der pro familia Mainz.

Andere Städte gehen mit gutem Beispiel voran: Oldenburg gewährt eine kommunale Schulbeihilfe in Höhe von 50 Euro pro Schulkind und Schuljahr, Chemnitz 25 Euro. In Osnabrück gibt es 50 Euro zum Beginn des 1., 5. und 11. Schuljahres. In Göttingen und im Landkreis Dahme-Spreewald in Brandenburg beträgt die Beihilfe 80 Euro für jedes Kind, das eingeschult wird, in München 100 Euro.

Alternativ zum kommunalen Schulfonds wäre auch eine Extra-Beihilfe zum Schuljahresbeginn durch das Job-Center für Arbeitsmarktintegration denkbar. Das Job-Center, das gemeinsam von der Stadt Mainz und der Arbeitsagentur Mainz betrieben wird, könne im Rahmen der bestehenden Bundesgesetze Darlehen zum Schuljahresanfang gewähren und die Rückzahlung des Darlehens erlassen. „Das Job-Center sollte dieses Darlehen mit Null-Tilgung aber großzügig gewähren, um Kindern aus armen Haushalten sofort und bereits zu diesem Schuljahr zu helfen“, meint Wolfgang Kron, Vorsitzender des DGB Rheinhessen-Nahe.

Kinderarmut gebe es leider auch in Mainz reichlich, so der Verein Armut und Gesundheit. Ihre Bekämpfung dürfe kein Lippenbekenntnis bleiben, sondern müsse an den Ursachen ansetzen. Das Aktionsbündnis erwartet von den Fraktionen im Stadtrat, dass sie sich rasch dem Problem stellen.

Insbesondere für die kleinen ABC-Schützen ist der erste Schultag ein aufregendes Ereignis, auf das sie sich freuen. Für Eltern ist die Einschulung eine teure Sache: Die Grundausstattung für ein Schulkind mit Ranzen, Mäppchen, Farbkasten, Sportschuhen usw. kostet zwischen 180 und 200 Euro.

Schule kostet Geld und daher brauchen Eltern Geld. Hartz-IV-Familien, aber auch Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mit geringem Einkommen können dieses Geld einfach nicht aufbringen. Im Hartz-IV-Satz von monatlich 208 Euro für Kinder bis 14 Jahre sind überhaupt keine Ausgaben für Schulsachen vorgesehen, für den Posten „Schreibwaren im Allgemeinen“ lediglich 1,64 Euro. Damit ist nach einem Bleistift und einem Radiergummi Schluss. Das Päckchen Patronen muss im Laden liegen bleiben. Ein Ansparen der benötigten Summen – wie es Hartz-IV-EmpfängerInnen nahe gelegt wird – ist angesichts eines solch astronomisch erscheinenden Betrags, wie er erst für einen Schulranzen fällig wird, nicht möglich.

Helfen Sie den Schulkindern jetzt!

Mitglieder des Aktionsbündnisses zur Finanzierung von Schul- und Bildungsbedarfen sind: Armut und Gesundheit in Deutschland e.V., DGB Rheinhessen-Nahe, Mainzer Initiative gegen HARTZ IV, Verband Alleinerziehender Mütter und Väter, LV RLP, und pro familia Mainz.

Das neue Schuljahr mit Sozialgeld?

Nach Paragraph 28 SGB 2 Absatz (1) erhalten “nicht erwerbsfähige Angehörige, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft leben, Sozialgeld (…). (…) 1. Die Regelleistung beträgt bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 60 vom Hundert und im 15. Lebensjahr 80 vom Hundert der nach Paragraph 20 SGB 2 Abs. 2 maßgebenden Regelleistung [zur Sicherung des Lebensunterhalts] (…).” Da die Regelleistung seit dem 1. Juli 2007 auf 347 Euro (vorher: 345 Euro) erhöht wurde, erhalten Kinder in “Bedarfsgemeinschaften” erwerbsfähiger Hilfebedürftiger

  • bis zum 14. Geburtstag 60 Prozent der Regelleistung, also 208 Euro,
  • bis zum 15. Geburtstag 80 Prozent der Regelleistung, also 278 Euro,
  • und ab dem 15. Geburtstag wie sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft 80 Prozent der Regelleistung, also 278 Euro.

Kindergeld, das selbst superreichen Eltern für das Existenzminimum ihrer Kinder zusteht, wird ALG-II-Empfängern als zusätzliches Einkommen voll angerechnet, sodass sie dieses Geld niemals zu Gesicht bekommen. Der Betrag von 208 bzw. 278 Euro soll also für Essen, für die Winterschuhe, für Spielzeug und für vieles mehr reichen.

Wir bezweifeln dies. Eine Arbeitslose müsste lange sparen, um z. B. mit den vorgesehenen 4,40 Euro/Monat die benötigten Sportschuhe oder mit den vorgesehenen 9,12 Euro/Jahr geeignetes Spielzeug oder mit den vorgesehenen 2,51 Euro/Tag ausreichendes und gesundes Essen zu kaufen.

Noch schlimmer sieht es mit dem Geld für Schulsachen aus. Denn von den 208 Euro ist kein einziger Cent für Schulsachen vorgesehen. Die Ausgaben für Bildung wurden komplett gestrichen, als die Höhe des ALG II festgelegt wurde. Für Schreibwaren im Allgemeinen sind von den 208 Euro monatlich 1,63 Euro vorgesehen. Dafür bekommt man gerade mal einen Bleistift und einen Radiergummi. Aber was, wenn ein Zirkel oder ein neuer Schulranzen, ein Mäppchen oder ein Taschenrechner gebraucht werden? Von den Schulbüchern und Arbeitsheften ganz zu schweigen.

Bei der Einschulung in eine städtische Grundschule sind z.B. im vergangenen Jahr für ein Kind folgende Kosten entstanden:

  • Bücher und Arbeitshefte gemäß der von der Schule vorgegebenen Liste: 56,57 Euro. (Dafür hätte übrigens der Lernmittelgutschein gemäß der Landesverordnung über die Lernmittelfreiheit nicht gereicht, selbst dann nicht, wenn man die für das Schuljahr 2007/08 erhöhten Beträge zugrunde gelegt hätte. Danach liegt der Grundbetrag für Kinder in der 1. Klasse bei 50 Euro, wovon Familien mit nur einem oder zwei Kindern nur 75 % erhalten.)
  • Hefte, Mappen, Malblöcke, Schere, Radiergummi, Stifte, Malkasten, Knete etc. gemäß der Materialliste der Schule: 60 Euro.
  • Schulranzen, Turnbeutel, Mäppchen: 40 Euro.
  • Klassenkasse (Kopierkosten und Ausgaben für weiteres pädagogisches Material): 30 Euro.

In diesen Ausgaben sind noch nicht die Kosten für die Turnkleidung, die Turnschuhe oder gar eine Schulspeisung enthalten.

Für die Inanspruchnahme von Mehrbedarfen muss man schon alleinerziehend sein. Einmalige Beihilfen, wie sie noch in der alten Sozialhilfe geleistet wurden, sind aus dem schulischen Blickwinkel nur noch für mehrtägige Klassenfahrten schulpflichtiger Kinder vorgesehen; beim Erstbezug einer Wohnung gibt es Beihilfen, nicht aber bei der Einschulung für die Schultüte und deren Inhalt.

Wir fragen uns, von was Hartz-IV-Eltern diese Kosten bezahlen sollen. Ein “Ansparen” jedenfalls ist angesichts der oben genannten Zahlen kaum möglich.

Es ist bereits statistisch nachgewiesen, dass gerade Kinder armer Eltern auch bei der Bildung benachteiligt werden und damit dauerhaft in Armut bleiben. Armut in frühen Kindertagen ist vielfach prägend für längere Zeiten und geht oft mit vielfältigen Benachteiligungen einher. Arme Kinder haben oftmals mehr gesundheitliche Beeinträchtigungen und ihnen bleiben oftmals erfolgreiche Bildungswege verschlossen. Bundesweite Untersuchungen zeigen, dass dreieinhalb Mal so viele arme Kinder wie nicht arme Kinder bereits in der Grundschule eine Klasse wiederholen. Mehr als jedes dritte Kind, das arm ist, bleibt sitzen.

Es ist ganz offensichtlich, dass es um die Bildung von Hartz-IV-Kindern, die mit ihren Eltern von ALG II oder Sozialgeld leben müssen, schlecht steht und dies oftmals die Weichen für ihr späteres Leben stellt. Chancengleichheit ist so nicht möglich. Wenn überhaupt, strebt “Chancengleichheit” in die umgekehrte Richtung: Mit immer mehr Kindern ohne ausreichende Lernmittel werden auch die schulischen Leistungen im Klassenschnitt absinken und ganze Klassenverbände dem geforderten Niveau hinterher hinken.

Der Stadtrat Oldenburg hat vor dem Hintergrund dieser Problemlage für 2007 einen kommunalen Fonds für Schulmaterialien in Höhe von 200.000 Euro in seinen Haushalt eingestellt. Im folgenden Jahr soll dieser Fonds sogar auf 400.000 Euro erhöht werden. Dabei rechnet man in Oldenburg mit 4.000 Bedürftigen.

In Mainz lebt mehr als jedes sechste Kind unter 15 Jahren unter Hartz-IV-Bedingungen. Dies sind 4.346 Kinder unserer Stadt, die arm sind (entsprechend einer Quote von 17,7 Prozent; Stand: Dez. 2006). Von ihnen sind mehr als 2.000 im schulpflichtigen Alter.

Ein Aktionsbündnis zur Finanzierung von Schul- und Bildungsbedarfen, bestehend aus Armut und Gesundheit in Deutschland e.V., dem DGB Rheinhessen-Nahe, der Mainzer Initiative gegen HARTZ IV, der Landesverband RLP des Verbandes Alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) und pro familia Mainz, hat die Mainzer Stadtratsfraktionen und Sozialdezernentin Birgitt Collisi aufgefordert,

  • dem Beispiel Oldenburgs zu folgen und Kindern von Mainzer ALG-II-Empfängern und Geringverdienern eine unbürokratische Soforthilfe zum nächsten Schuljahr zur Verfügung zu stellen,
  • sich auf Landesebene für eine in Rheinland-Pfalz längst überfällige, umfassende Lernmittelfreiheit einzusetzen und
  • auf Bundesebene für eine eigneständige Kindergrundsicherung als einzig mögliche Gewährleistung von tatsächlicher Chancengleichheit von Kindern einzutreten.

zur Pressemitteilung des DGB Rheinhessen-Nahe:
Ohne Schulsachen lernt’s sich schlecht – Kein Geld für Schul- und Lernmittel bei Kindern von ALG-II Empfänger/inne/n – Mainzer Aktionsbündnis fordert Stadt zum Handeln auf
zum Artikel der “Allgemeinen Zeitung”, Mainz:
Bündnis fordert Lehrmittelfreiheit – Kritik an Hartz IV – Mittel für Schulbedarf fehlen