UmFAIRteilen in volkswirtschaft- lichen Zusammenhängen
Am UmFAIRteilen-Aktionstag (29.09.2012) steht die Forderung im Mittelpunkt, die Folgekosten der Bankenkrise kurzfristig und mittelfristig einen (wieder) größeren Anteil an der Finanzierung des Gemeinwesens den finanziell starken Schultern der Reichen und Besserverdienenden aufzubürden. In volkswirtschaftlichen Kategorien stellt diese Forderung eine klassische Umverteilung dar: Die schwächeren Schultern werden entlastet und die stärkeren Schultern werden belastet. Dabei wird keine neue Idee von Solidarität bemüht: Es soll lediglich ein in den letzten 30 Jahren neoliberaler Hegemonie ohne wirtschaftliche Not und ohne politische Notwendigkeit entstandenes Ungleichgewicht behoben werden.
Doch Umverteilung ist nicht die einzige volkswirtschaftliche Kategorie und UmFAIRteilen darf sich nicht auf diese eine Kategorie beschränken! Wenn das gesellschaftliche Ziel ein Gleichgewicht ist, das unter dem Begriff Gerechtigkeit bekannt ist, dann ist die Sekundärverteilung mit dem Namen Umverteilung schließlich nur ein Reparaturkonstrukt, mit dem die in der ersten Verteilungssphäre entstandenen Ungleichgewichte korrigiert werden. Die Primärverteilung heißt als volkswirtschaftliche Kategorie Verteilung. Warum sollten wir Gerechtigkeit nicht nach Möglichkeit schon mit der Primärverteilung anstreben?
Das war die ursprüngliche Idee des Sozialstaats: Mit den in der Primärverteilung ausgeschütteten Kapitalgewinnen und Löhnen sollte Gerechtigkeit schon so weit hergestellt werden, dass nahezu alle in dieser Sphäre tätigen Menschen versorgt wären. Mit den Mitteln gezielter Umverteilung (Kindergeld, Rente, Krankenversicherung, Arbeitslosengeld, Sozialhilfe) wurden Ungerechtigkeiten abgemildert und die Menschen bedacht, die (gerade) (noch) nicht (mehr) im Erwerbsleben stehen: Kinder, RentnerInnen, Kranke, Erwerbslose usw. Heute jedoch ist die Primärverteilung unzureichend; so ist die Lohnquote in wenigen Jahren auf 66,5 Prozent gesunken. Die Mittel der Sekundärverteilung erfüllen ihre Aufgaben immer schlechter; offenkundigstes Beispiel ist das Totalversagen des Sozialstaats rund um Hartz IV.
Wie kann nun das UmFAIRteilen – wie wir es meinen – nicht nur zu bloßer Fairness beim Umverteilen, sondern zu wahrhaftiger Gerechtigkeit schon beim Verteilen führen?
30-Stunden-Woche: Wenn wir die Wochenarbeitszeit bei vollem Lohn- und Personalausgleich auf eine 30-Stunden-Woche verkürzen, können wir Vollbeschäftigung dergestalt erreichen, dass alle Erwerbspersonen einer Lohnarbeit nachgehen, eigenes Einkommen erzielen und hinreichend Freizeit genießen können. Für die Zukunft muss der Produktivitätsfortschritt überwiegend in Arbeitszeitverkürzung umgemünzt werden.
Bedingungsloses Grundeinkommen: Aus dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums lässt sich ein bedingungsloses Grundeinkommen ableiten. Wenn wir jedem Menschen in Deutschland monatlich ein garantiertes Einkommen überweisen, eliminieren wir (fast) jede Form von Armut und gewinnen maximale ökonomische Freiheit unter Entkopplung von Existenzminimum und Lohnarbeit, was vor allem Familien zugute kommt. Politische und Familienarbeit bekommen somit einen angemessenen gesellschaftlichen Stellenwert zugewiesen. Endlich kommt auch die freie Berufswahl nach Artikel 12 Grundgesetz voll zum Tragen.
Manfred Bartl