Mainzer Jeden-Monat-Demo im März zum Bundesverfassungsgerichtsurteil

Liebe Mainzerinnen und Mainzer,

herzlich Willkommen zur 11. Jeden-Monat-Demo!

Am 9. Februar 2010 hat das Bundesverfassungsgericht das ALG II zwar für verfassungswidrig erklärt, es aber mit der Menschenwürde nach Artikel 1 Grundgesetz verknüpft und dem Gesetzgeber bis zum Ende dieses Jahres die Hausaufgaben übertragen, das ALG II menschenwürdig neu auszugestalten. Politisch – noch nicht juristisch – sind Sanktionen damit abgeschafft worden! Sie werden also vermutlich weiterhin verhängt, man kann sich aber mit guten Aussichten auf Erfolg im Rechtsbehelfverfahren auf das Grundgesetz und das Bundesverfassungsgericht berufen.

Schützenhilfe haben wir erhalten vom Bundessozialgericht, das eine Woche später geurteilt hat, dass über die Folgen von Pflichtverletzungen “konkret, verständlich, richtig und vollständig” zu belehren ist. Doch wie könnte die ARGE vollständig belehren, wenn der Paragraph 31 im Sozialgesetzbuch 2 nicht im Ansatz einen Hinweis auf den Zweck von Sanktionen enthält, geschweige denn dass der Artikel des Grundgesetzes zitiert würde, was zur Einschränkung von Grundrechten zwingend vorgeschrieben ist!

Während die Bundesregierung Hunderte von Milliarden in die “Rettung” von maroden, aber angeblich “systemrelevanten” Banken steckt, hat der Haushaltsausschuss des Bundestages 900 Millionen (also nicht einmal eine Milliarde) Euro für aktive Arbeitsmarktpolitik für das zweite Halbjahr 2010 gesperrt, sodass viele – teilweise schon bezahlte – Maßnahmen austrocknen werden (auch Ein-Euro-Jobs, was hinnehmbar ist). Zugleich wurde bekannt, dass die ARGEn in der Fläche solche Mittel für Personalzwecke angeblich legal umwidmen und von dieser sie nominell gar nicht berührenden Haushaltssperre sehr wohl mitbetroffen sind!

Ein Bremer Professor, Gunnar Heinsohn, hat via FAZ und  BILD eine “Debatte” angestoßen, dass Sozialhilfe (wie in den USA) nur für fünf Jahre gezahlt werden sollte, um den Druck auf Arbeitslose zu erhöhen, jede Stelle anzunehmen. Obwohl dieser Herr in den Bereichen Soziales und Wirtschaft doziert, äußert er sich nicht darüber, was nach den fünf Jahren geschehen wird, wenn der Betroffene in keinster Weise mehr Wirtschaftssubjekt ist und bis dahin Druck gar nicht hilft, weil es nicht an den Arbeitslosen liegt, sondern am Mangel an existenzsichernden Arbeitsplätzen. Ein Online-Kommentator hat vermutet, dass der Professor wohl wünschte, dass nach fünf Jahren alle anfangen sollten zu klauen. Daran wollen wir uns gerne halten!

Die aufgenötigte Selbstbedienung ist heute schon realisiert bei ÖPNV-Dienstleistungen, da man nach derzeitigem Stand gerade mal 15 Euro für die ÖPNV-Mobiltät zur Verfügung hat, um damit ein absurd teures Mainzer Sozialticket für 50,40 Euro zu kaufen, was natürlich illusorisch ist. Ein Mainzer Hartz-IV-Empfänger wurde dieser Tage wegen Schwarzfahrens zu drei Monaten auf Bewährung und 300 Euro Bußgeld verurteilt. Das Urteil des Amtsgerichts verstößt eindeutig gegen die Menschenwürde! Für die nähere Zukunft ist zu überlegen, ob die MVG oder die Stadt Mainz wegen Nötigung zu Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten verklagt werden sollten.

Haben Sie schon von ELENA gehört? ELENA ist ein gigantisches Datensammelprojekt von Arbeitnehmerdaten, die zentral gespeichert werden und in den Augen von FoeBuD und ver.di unter Missbrauchsverdacht stehen. Dagegen planen diese Organisationen jetzt eine Sammelbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht einzureichen, deren Ausfertigung derselbe Jurist übernommen hat, der schon die Vorratsdatenspeicherung (mit über 35.000 Beschwerdeführern) zu Fall gebracht hat. Wir fordern zur Teilnahme an der Sammelbeschwerde gegen ELENA auf!

Ein letztes Wort zur SPD, die derzeit einen Schwenk in Sachen Hartz IV vorzunehmen scheint. Obwohl SPD-Politiker durchaus einen gewissen Einblick in die politischen Verhältnisse haben, wenn etwa, wie gestern bei “Menschen bei Maischberger”, Hubertus Heil die Notwendigkeit des gesetzlichen Mindestlohns wirklich wunderbar begründete. Da fragte man sich dann aber doch, warum die SPD am 14. Juni 2007 mit 193 von 198 anwesenden SPD-Bundestagsabgeordneten den eigene Mindestlohntext (im Antrag der Linksfraktion) abgelehnt hat. Auch die Vorschläge von Hannelore Kraft (NRW) weisen darauf hin, dass die SPD ihre Haltung zu Hartz IV so bald nicht ändern wird. – Schade!

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